Laschet und Merz erklärten Kandidatur für CDU-Vorsitz
In der konservativen deutschen CDU klärt sich das Bewerberfeld für den Parteivorsitz: Nach dem früheren deutschen Umweltminister Norbert Röttgen kündigten am Dienstag der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen Armin Laschet und der frühere Fraktionschef der Partei Friedrich Merz offiziell ihre Kandidatur für den Parteivorsitz an. Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn verzichtete dagegen.
Mit den Bewerbungen steht fest, dass die CDU erneut in einer Kampfkandidatur über ihren künftigen Parteivorsitz entscheiden wird. Eine einvernehmliche „Teamlösung“ mit vorherigen Absprachen, wie sie in den vergangenen Tagen im Gespräch war, ist damit offenbar vom Tisch.
Es geht um die Nachfolge von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, die nach dem Wirbel um die gescheiterte Regierungsbildung im Bundesland Thüringen Anfang Februar ihren Rückzug angekündigt hatte. Die neue Parteispitze soll bei einem Sonderparteitag am 25. April gewählt werden.
„Wir haben seit heute einen offenen Wettbewerb in der CDU“, sagte Merz. Das sei innerparteiliche Demokratie. Es gebe allerdings sehr unterschiedliche Akzente. „Diese Entscheidung ist auch eine Richtungsentscheidung für die CDU.“ Die Alternative sei Kontinuität, wofür Laschet stehe, oder Aufbruch und Erneuerung, wofür er stehe, sagte Merz. Er wolle, „dass sich diese Partei wirklich grundlegend erneuert“, so der 64-Jährige. „Wir verkörpern auch zwei unterschiedliche Richtungen.“
Laschet bot sich dagegen als Versöhner für die Partei an. Er habe in den vergangenen Tagen versucht, mehrere der Bewerber für den Chefposten einzubinden, betonte er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem zuvor ebenfalls als möglichen Kandidaten gehandelten Spahn. „Ich bedauere, dass nicht alle Kandidaten sich diesem Team-Gedanken anschließen konnten“, sagte Laschet - offensichtlich ein Seitenhieb gegen Merz.
Ein Bruch mit Kanzlerin Angela Merkel sei weder geplant noch erfolgreich, betonten Laschet und Spahn. Spahn schlage er im Falle seiner Wahl als seinen Stellvertreter in der Parteispitze vor, kündigte Laschet an. Damit wolle er auch zeigen, dass die verschiedenen Strömungen ihren Platz haben.
Der Gesundheitsminister erklärte seinen Verzicht auf den Spitzenposten in der CDU. Als Begründung seines Verzichts auf eine eigene Kandidatur sagte Spahn, dass ein Absturz der CDU auf 15 Prozent verhindert werden müsse. Laschet habe in Nordrhein-Westfalen bewiesen, dass er erfolgreich regieren und integrieren könne.
Laschet bekräftigte Aussagen der scheidenden Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer, mit der Entscheidung über die neue Parteispitze falle auch ein Signal für die Kanzlerkandidatur. Dies werde aber mit CSU-Chef Markus Söder besprochen. „Die Frage einer Kabinettsumbildung steht jetzt nicht an“, sagte er weiter. Die Große Koalition im Bund solle bis September 2021 fortgesetzt werden.
Auch Merz sagte, über die Kanzlerkandidatur werde im Einvernehmen von CDU und CSU entschieden. Zuständig seien üblicherweise die Parteivorsitzenden und -präsidien. „Das wäre auch meine Lösung.“ Bei seiner Wahl als Parteichef werde er auf jeden Fall eine Frau als Generalsekretärin vorschlagen. Die weitere personelle Neuaufstellung der CDU finde beim regulären Parteitag im Dezember statt.
Merz teilte mit, er habe im Gespräch mit Laschet signalisiert, dass er bereit sei, für den Platz des Stellvertreters zu kandidieren, der bei einer Wahl Laschets frei werde. Diese Frage habe sich mit dem heutigen Tag aber erledigt, sagte er angesichts Spahns Ambitionen als Vize. Daher gelte: „Ich spiele hier auf Sieg und nicht auf Platz.“ Auf die Frage, was er von dem Tandem Laschet-Spahn halte, sagte er, ihm stehe es nicht zu, „die beiden jetzt persönlich zu bewerten“. In der Wirtschaft „würde man vielleicht von einer Kartellbildung zur Schwächung des Wettbewerbs sprechen“. Das sei hier aber „legitim“.
Kramp-Karrenbauer hatte am Montag gefordert, dass jeder neue CDU-Chef gut mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und der „CDU-geführten Bundesregierung“ zusammenarbeiten müsse. „Das ist sicherlich eine Anforderung, die sich an alle Kandidaten stellen wird“, sagte sie. Hintergrund ist, dass in der CDU bei Merz Probleme bei der Zusammenarbeit mit Merkel unterstellt werden. Merkels Amtszeit endet im Herbst 2021. Die SPD hat wiederholt klargemacht, dass sie in der laufenden Legislatur keinen anderen Unions-Politiker zum Kanzler machen würde.
Merz sagte am Dienstag auf die Frage, wie er als CDU-Vorsitzender mit Merkel zusammenarbeiten würde, die Kanzlerin sei gewählt bis zum Ende der Wahlperiode im September 2021. Er sei sicher, Merkel und er würden „einen vernünftigen Weg finden“. Sachverhalte wie in Thüringen müssten aber von der Partei und nicht im Bundeskanzleramt entschieden werden. Insofern wäre die Aufgabenverteilung „etwas deutlicher und klarer“.
Merz betonte, er wolle für mehr „Chancengerechtigkeit für die junge Generation“ eintreten. Zudem erklärte er: „Der innere Friede in unserem Land ist bedroht.“ Zu den jüngsten Anschlägen sagte er: „Wir haben in diesem Lande über viele Jahre das Problem des Rechtsradikalismus massiv unterschätzt.“
Bereits vor Tagen hatte der ehemalige Umweltminister Röttgen seine Bewerbung um den Parteivorsitz bekannt gegeben. Am Dienstag kündigte Röttgen auf Twitter an: „Die zweite Person in meinem Team wird eine Frau sein.“
Die CDU hat in der gut 70-jährigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland mehr als 50 Jahre lang den Bundeskanzler oder die Kanzlerin gestellt. In Umfragen sind CDU/CSU auf nationaler Ebene weiter die stärkste Kraft, liegen aber inzwischen deutlich unter der Schwelle von 30 Prozent.