Picasso-Museum in Malaga lädt zur Kunst-Zeitreise ein

Der Ausstellungstitel ist alles andere als einladend: „Stammbaum der Kunst oder die Kunstgeschichte als visuelle Kunst“. Auch das Ausstellungsplakat des Picasso-Museums in Malaga könnte den einen oder anderen potenziellen Besucher eher abschrecken - ein Diagramm mit Dutzenden Kunstrichtungsbegriffen, die durch Pfeile und Querverweise miteinander verbunden sind.

Umso größer ist die Überraschung. Es handelt sich um eine groß angelegte, äußerst abwechslungsreiche Schau, die den Besucher nicht nur mit hervorragenden Werken der wichtigsten Künstler, sondern auch auf eine eingängige und attraktive Weise die Geschichte der modernen Kunst erklärt. Basis für die Ausstellung ist das berühmte Diagramm, welches der bekannte amerikanische Kunsthistoriker und Gründer des New Yorker Museum of Modern Art Alfred H. Barr 1936 für seine Ausstellung „Cubism and Abstract Art“ entwickelte.

Die Schau stellte ein Vorher und Nachher in der Art, Kunst zu zeigen, dar. In diesem Diagramm erklärte Barr auf sehr grafische Weise die Herkunft und die Verbindungen zwischen den verschiedenen Richtungen der modernen Kunst. Dabei gab er Pablo Picasso (1881-1973) und dem von ihm gegründeten Kubismus eine zentrale Bedeutung für die Entwicklung der europäischen Moderne, wie natürlich auch die Ausstellung in Picassos südspanischer Heimatstadt Malaga nun bis zum 31. Mai herausstellt.

Die Kunstgeschichte folgte dieser Einschätzung des Kubismus und machte Picasso zur Leitfigur der künstlerischen Moderne. Es gibt keine Künstlerpersönlichkeit des 20. Jahrhunderts, in der sich die Innovationen der Moderne so prägnant verkörperten wie in Picasso. Seine Stilwechsel und Adaptionen zeigen aber auch die teils wirren Verbindungen, Gegensätze und Beeinflussungen zwischen den verschiedenen, aufeinander aufbauenden Kunstrichtungen der Moderne.

Zunächst startet die Ausstellung mit einer Einführung in die Kunstgeschichte. Dabei veranschaulichen historische Bücher, Tabellen, Stammbäume und Diagramme die Entwicklung der modernen Kunst. Vor allem aber folgt die Ausstellung thematisch dem Diagramm Barrs.

Und wie: auf den ersten Blick scheinen hier Werke verschiedenster Künstler, Epochen, Stilrichtungen und Gattungen wirr wie das Diagramm Barrs zusammengewürfelt worden zu sein. Werke von Paul Cézanne und Pablo Picasso hängen neben japanischen Zeichnungen aus dem 17. Jahrhundert, Bauskizzen des österreichischen Architekten Adolf Loos (1870-1933) und babylonischen Terrakotta-Gefäßen aus vorchristlicher Zeit. Doch wer aufmerksam den Erklärungen der Ausstellung folgt, dem werden die Verbindungen zwischen den Künstlern und Kunstphasen schnell deutlich.

Von Pablo Picassos kubistischen Werken über Alberto Giacomettis Skulpturen, Bauhaus-Gebäuden und Stühlen von Le Corbusier bis hin zu futurischen AEG-Ventilatoren, die Peter Behrens 1910 gestaltete. Die Ausstellung bietet eine beeindruckende Zeitreise durch die Geschichte der modernen Kunst, stellt die Verbindungen zwischen Kubismus, Futurismus, Dadaismus, Surrealismus, Abstrakter Kunst und geometrischer Abstraktion dar.

TT-ePaper jetzt 1 Monat um € 1,- lesen

Die Zeitung jederzeit digital abrufen, bereits ab 23 Uhr des Vortags.

Dabei gelang es dem Museum in Zusammenarbeit mit der Madrider Juan March Stiftung und zahlreichen internationalen Museen, fast 360 Werke von 250 Künstlern, Designern und Architekten zusammenzutragen. Werke von Künstlern wie Constantin Brancusi, Robert Delaunay, Juan Gris, Vasily Kandinsky, Fernand Léger, El Lissitzky, Kazimir Malevich, Franz Marc, Henri Matisse, Joan Miró, Piet Mondrian, Georges Braque, Paul Klee oder Henry Moore.

Der letzte Teil der Ausstellung geht dann wieder über zur Theorie, zur Kunstgeschichte. Bücher, Diagramme, aber auch satirische Schriften, Zeichnungen und Werke handeln vom Erzählen von Kunst. „Eigentlich zeigen wir mit dieser Ausstellung nicht nur die Geschichte der modernen Kunst, sondern auch wie uns moderne Kunst nahegebracht wurde und wird“, verdeutlicht José Lebrero, Direktor des Picasso Museums Malaga, im Gespräch mit der APA. Welchen Einfluss hatten bestimmte kuratorische Positionen auf die Kunst und die Form des Ausstellens von Kunst? Fragen, denen im Picasso Museum Malaga auf Konferenzen auch von zahlreichen Experten wie dem bekannten englischen Kunsthistoriker Will Gompertz nachgehen wird.

Verwandte Themen