Mit 15 Jahren von der Millionen-Metropole Shanghai in die Perle Tirols
Als Teenager übersiedelte Isabella Schultz-Wild allein von Shanghai ins beschauliche Kufstein. Zwei Welten – und eine, in der sie leben will.
Von Jasmine Hrdina
Kufstein, Shanghai – Pubertäre Problemzonen dominieren das Leben der meisten 15-Jährigen. Isabella Schultz-Wild musste sich in diesem Alter aber ganz anderen Herausforderungen stellen: Ohne Familie oder Freunde im Schlepptau ließ die Chinesin 2016 ihre Heimat Shanghai hinter sich und übersiedelte nach Kufstein. Neue Sprache, fremde Menschen, andere Kultur. Heute ist Schultz-Wild 18 Jahre alt und bereitet sich auf das kommende Maturajahr an der International School Kufstein Tirol vor. Eines steht für sie für die Zeit danach fest: Sie will in Österreich bleiben. Ein Grund dafür ist auch ihr Sportverein in Kundl: Ultimate Frisbee prägt ihr Leben wie nichts anderes.
8000 Kilometer trennten Schultz-Wild und ihre Familie zu Beginn ihres neuen Lebensabschnitts. Die Tochter eines Deutschen und einer Chinesin hatte mehrere Bildungseinrichtungen im deutschsprachigen Raum ins Auge gefasst– ihre Wahl fiel letztlich auf die internationale Schule in Kufstein. „Ich durfte dort einen Schnuppertag verbringen, bin aber ein sehr schüchterner Mensch. Die Leute dort haben mich so nett empfangen, das hat mich überzeugt“, erinnert sie sich.
Weil Vater Florian für eine chinesische Technik-Firma viel im deutschsprachigen Raum unterwegs sein sollte, zog auch der Rest der Familie ein Jahr nach Schultz-Wild nach Österreich – allerdings nach Wien. „Meine Mutter wollte in eine größere Stadt, weil sie gerne shoppen geht“, schmunzelt die junge Dame. Zur Orientierung: Wien hat etwa 1,9 Mio. Einwohner, Shanghai 24 Mio.
Das Städtchen Kufstein teilt sich Schultz-Wild mit gerade einmal 20.000 Bürgern. „Was mir hier besonders gut gefällt, ist, dass alles so nah beieinander ist. Man kann überall mit dem Rad hinfahren. In Shanghai musste ich erst eine Stunde mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, bis ich einkaufen gehen konnte.“
Ein Jahr vor ihrem Umzug begann die damals 14-Jährige mit einem Deutschkurs, um dann in Tirol festzustellen, dass man hier ja gar nicht „Deutsch“ spricht. „Ich musste also noch eine Sprache lernen“, scherzt die heute akzentfreies Deutsch sprechende Chinesin, gefolgt von einem selbstbewussten „I ku des etz!“. Auf Chinesisch lautet Isabellas Name übrigens Zhang Ye Sha.
Ein Talent wurde Schultz-Wild offenbar nicht nur in puncto Sprachen in die Wiege gelegt: Seine Freizeit verbringt der Teenager weniger mit Ausgehen, nein, die Jagd nach einer dünnen Plastikscheibe hat es der 18-Jährigen angetan: Beim Ultimate Frisbee kann sie ihren Ehrgeiz abseits der Schulbank ausleben – und schaffte es über den Kundler Verein INNsiders sogar in den U20-Kader des österreichischen Damen-Nationalteams.
Aktuell zwingt sie eine Knieverletzung zur Pause, aber der Sportplatz soll in ihrem Leben weiterhin eine große Rolle spielen. In der Schule laufen die Prüfungen für das internationale Diplom (International Baccalaureate Diploma), ab Herbst gilt es, sich auf die Matura vorzubereiten. Physiotherapeutin wolle sie einmal werden, „dann kann ich meinem Großvater helfen, der sich nach einem Schlaganfall nicht mehr gut bewegen kann“, vielleicht aber auch Sportlehrerin oder Personal Trainer, „ich will jedenfalls etwas mit Sport machen und viel im Freien arbeiten“. Mit dieser Einstellung ist sie in Tirol jedenfalls gut aufgehoben.