Virologe zum Coronavirus: „Wichtig, jetzt zu handeln“
Für den Virologen Norbert Nowotny sind strenge Maßnahmen gegen das Coronavirus „richtig“. Panik sei keine angebracht, weil von Tieren übertragene Zoonosen Teil der Menschheit sind.
Bei dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 handelt es sich um eine Zoonose – also um eine Infektionskrankheit, die vom Tier auf den Menschen überspringen kann. Es gibt viele Zoonosen auf der Welt. Müssen Sie als Experte ständig damit rechnen, dass irgendwo neue, gefährliche Zoonosen auftauchen?
Norbert Nowotny: Ja, im Prinzip schon. Wir wissen nie, was als Nächstes kommt. Als Menschen können wir uns auf eine neue Zoonose nicht vorbereiten, sondern immer nur reagieren. Fakt ist aber, dass Zoonosen seit Anbeginn zur Menschheit gehören. Eine der wahrscheinlich ersten bekannten Zoonosen war die Tollwut. Diese wurde durch ein rigoroses Impfprogramm in Europa nahezu ausgerottet. Ein gefürchtetes zoonotisches Virus in Österreich ist das Hantavirus, das von Rötelmäusen übertragen wird. Das trifft oft Menschen, die viel in der Natur sind, oder auch Jäger. Wer sich damit ansteckt, hat grippeähnliche Symptome, bei schwerem Verlauf kommt es zu Nierenproblemen. Es gibt einige wenige Fälle, die wegen einer solchen Ansteckung eine Nierentransplantation gebraucht haben. Zoonosen gibt es viele, im erweiterten Sinne spricht man auch davon, wenn Zecken oder Mücken Infektionen übertragen. Wir haben in Österreich, vor allem im Osten, auch seit Jahren West-Nil-Infektionen, die von Mücken übertragen werden. Generell kann man sagen, dass etwa 75 Prozent beim Menschen neu auftretende Infektionen Zoonosen sind. Gut ist, dass in China nun Lebendtiermärkte verboten werden. Solche Orte sind Infektionsherde.
Wir hatten es bereits u. a. mit der Schweinegrippe zu tun – auch eine Zoonose. Viele Menschen sind verunsichert, weil diesmal recht heftige Maßnahmen ergriffen werden, um eine Ausbreitung zu vermeiden – aus Ihrer Sicht gerechtfertigt?
Nowotny: Die Maßnahmen, die die österreichischen Behörden laufend ergreifen, sind absolut notwendig und gerechtfertigt. Noch besteht eine kleine Chance, durch rigorose Maßnahmen eine Ausbreitung der Infektion zu begrenzen.
Der Großteil der Infektionen verläuft bei Betroffenen mild, warum ist das Virus dennoch gefährlich?
Nowotny: Bei 80 Prozent der Coronavirus-Infizierten ist der Krankheitsverlauf mild. Klinisch unterscheidet er sich nicht von einem grippalen Infekt. Risikogruppen, bei denen ein schwererer Krankheitsverlauf möglich ist, umfassen ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen wie Lungen- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Diabetes oder Immunsupprimierte. Bei Sechzigjährigen liegt die Sterberate bei etwa zwei Prozent, bei über Achtzigjährigen schon deutlich über zehn Prozent. Dieses Virus ist weitaus ansteckender, als es etwa das nahe verwandte SARS-Coronavirus vor 18 Jahren war.
Denken Sie, dass es eine Pandemie wird?
Nowotny: Ich befürchte leider ja.
Wie vorsichtig sind Sie selber – geben Sie Fremden noch die Hand?
Nowotny: Ich persönlich habe kein Problem damit, anderen die Hände zu schütteln. Sich momentan öfters die Hände zu desinfizieren, ist empfehlenswert. Es langt auch, wenn man sich die Hände gründlich mit Seife wäscht. Die Hauptübertragung dieses Virus geschieht durch Tröpfcheninfektion. Um sich zu schützen, reicht es, eine Distanz von zwei Metern zu anderen einzuhalten. Grund zur Panik besteht keinesfalls. Ich persönlich habe auch keinen Lebensmittelvorrat gekauft.
Das Gespräch führte Liane Pircher
Wer ein Isolierzimmer braucht, bekommt eines
Bereits vor Tagen hat das Gesundheitsministerium veröffentlicht, dass in Österreich 59 Krankenhäuser für die Behandlung von Coronavirus-Verdachtsfällen und Covid-19-Erkrankungen ausgerüstet sind. Einige Bundesländer, unter anderem Wien, haben via Medien bekannt gegeben, dass sie in drei Kliniken rund 690 Betten im Bedarfsfall zur Verfügung stellen können. Wie viele Betten in Tirol belegt werden könnten, darüber kann man hier nicht Auskunft geben. Seitens der Pressestelle des Landes betont man aber, „dass in den allgemein öffentlichen Bezirkskrankenanstalten bzw. Landeskrankenanstalten aus derzeitiger Sicht ausreichend Kapazitäten vorhanden sind. Diese können entsprechend dem Bedarf aktiviert und erweitert werden.“
Bekannt ist die Zahl der Betten an der Universitätsklinik für Infektiologie in Innsbruck. Dort gibt es eine Station mit 18 Betten. „Generell können aber sämtliche Zimmer in Isolierzimmer mit Einzelbelegung umgewandelt werden oder auch bei gleicher Krankheit doppelt belegt werden“, so Bettina Sax von der Pressestelle des Landes. Weiters bestehe die Möglichkeit, „Stationen in Kohortenisolierstationen umzuwandeln, falls sich ein entsprechender Bedarf ergibt“.
Und, heißt weiter: „Jede und jeder, die/der ein Isolierzimmer benötigt, wird auch ein solches bekommen.“ (TT)