Stadtteilzentrum Wilten: Gemeinsam beten unerwünscht
Im Stadtteilzentrum Wilten in Innsbruck wurden unlängst die Regeln für Veranstaltungen deutlich verschärft. Vor allem Religion und Parteipolitik sollen künftig draußen bleiben.
Von Nikolaus Paumgartten
Innsbruck – Seit Jahren veranstaltet in Innsbruck eine christliche Gruppe Seniorentreffs bei Kaffee und Kuchen. Treffen, bei denen vor allem christliche Inhalte und Vorträge im Mittelpunkt stehen. Die Kerngruppe setzt sich aus bis zu 25 Katholiken, Baptisten, Protestanten und Freikirchlern zusammen, zuletzt fanden die Veranstaltungen regelmäßig in Räumlichkeiten des Stadtteilzentrums Wilten statt. Doch dort sind sie seit Mitte Februar nicht mehr erwünscht.
Informiert wurden die Organisatoren per Mail, als sie um die Raumzuteilung für die kommenden Monate ansuchten. „Wir haben in einem internen Umstrukturierungsprozess unter anderem die Raumnutzung evaluiert und daraus folgte die neue Regelung“, heißt es darin: „Als neutrale städtische Einrichtung können wir keine parteipolitischen und keine religiösen Gruppen oder Veranstaltungen aufnehmen.“ Die Verantwortlichen des Stadtteilzentrums drücken in dem Schreiben außerdem ihr Bedauern aus, mitteilen zu müssen, „dass der Seniorennachmittag nur mehr ohne religiöse Inhalte bei uns stattfinden könnte. Also keine gemeinsamen Gebete, Andachten, Loblieder, Bibellesungen oder Ähnliches.“ Unter diesen Voraussetzungen sei der Raum damit leider nicht mehr das richtige Angebot für die Gruppe.
Bei den Mitgliedern des christlichen Seniorentreffs ist die Enttäuschung entsprechend groß. Dass man in „neutralen“ städtischen Einrichtungen nicht mehr singen, beten und Bibel lesen dürfe, „während dort gleichzeitig Yoga, Qigong und die Weisheitslehren des Tarot angeboten werden“, sorgt für Ärger bei den Organisatoren.
Beim Stadtteilzentrum Wilten der Innsbrucker Sozialen Dienste (ISD) verteidigt man die neuen Regeln. Man verstehe sich als offener Nachbarschaftstreff für alle Altersgruppen und lege größten Wert darauf, niemanden auszuschließen. Dabei spielen die Begegnung und der interkulturelle Austausch eine große Rolle. Im konkreten Fall habe es allerdings Rückmeldungen anderer Besucher des Zentrums gegeben, die sich von den religiösen Abläufen der Veranstaltung gestört gefühlt hätten. Bei 80 bis 100 Veranstaltungen pro Monat mit in Summe bis zu 1000 Besuchern sei die Raum- und Terminvergabe nicht immer einfach und müsse gewissenhaft gestaltet werden. Daher habe man sich entschieden, die Kriterien so zu gestalten, dass die Events so offen wie möglich und für eine möglichst große Zielgruppe interessant sind.
Das bedeute jedoch nicht, dass Politik und Religion im Stadtteilzentrum Wilten grundsätzlich keine Rolle spielen dürfen, betonen die Verantwortlichen. Es gehe darum, dass der offene Charakter des Gebäudes und die Vielfalt gewährleistet bleiben. Politische oder religiöse Diskussionen werde es auch weiterhin geben, solange diese Vielfalt garantiert ist. Ein stilles persönliches Gebet bei Tisch werde auch in Zukunft jedenfalls kein Problem darstellen.