„Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“: Ermutigung mit Hölderlin
Vor 250 Jahren, am 20. März 1770, wurde Friedrich Hölderlin im badischen Lauffen am Neckar geboren.
Innsbruck –Hölderlin, auch in der Krise! „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“, zitierte der AMS-Chef Johannes Kopf kürzlich im „Morgenjournal“ aus des Dichters Hymne „Patmos“, bezugnehmend auf die am Sonntag im Parlament beschlossene Kurzarbeitsregelung.
Vor 250 Jahren, am 20. März 1770, wurde Friedrich Hölderlin im badischen Lauffen am Neckar geboren – jener Dichter, der so uneinordenbar weder unter dem Dach der Klassik im Sinn der verehrten Idole Schiller oder Goethe noch unter dem der Romantik Platz findet. Gerne wurde und wird das Werk Hölderlins, sein Briefroman „Hyperion“ und sein lyrisches Schaffen eng mit der tragischen Biografie verknüpft. Schwierig ist sein Aufwachsen mit dem frühen Tod von Vater und Stiefvater, unglücklich muss die Liebe zur verheirateten Suzette Gontard enden, in deren Haus er die Kinder der Familie unterrichtet. Ihr setzt Hölderlin ein literarisches Denkmal und lässt sie als Diotima, als „himmlisches Wesen“, die Gefährtin des großen Suchenden Hyperion sein.
Bekannt ist auch das weitere Schicksal, sein sich ab seinen frühen Dreißigern zunehmend verschlechterndes psychisches Befinden, dem während eines langen Klinikaufenthaltes mit fragwürdigen Methoden begegnet wird, und der finale Rückzug. Von 1807 bis zu seinem Tod 1843 wohnte der Dichter im Turmanbau des Hauses eines Tübinger Handwerkers, inzwischen berühmt als „Hölderlinturm“. Mit Blick auf den Neckar verfasst er seine so genannten „spätesten“ Gedichte, in die, meist in Reimform, Beobachtungen der Natur oder Betrachtungen über das Leben einfließen – und die ihr Schöpfer oft mit Phantasienamen signiert.
Literatur zu Hölderlin
Gedichte Friederike Mayröcker: Scardanelli. Suhrkamp, 53 S., 15,30 Euro Biografie Rüdiger Safranski: Hölderlin. Hanser, 336 S., 28,50 Euro
Mit dem Titel ihres 2009 bei Suhrkamp erschienenen Gedichtbandes „Scardanelli“, ein Name, den Hölderlin sich gab, spielt Friederike Mayröcker darauf an. Behutsam, mit ihrer sanften poetischen Wucht, tritt die Dichterin in eine Art assoziativen lyrischen Kontakt mit ihrem Kollegen.
Mayröckers Buch empfiehlt sich als Annäherung an den vom heutigen Lesepublikum vernachlässigten Hölderlin, ebenso wie die im Herbst vergangenen Jahres erschienene Biografie, die Rüdiger Safranski mit „Hölderlin. Komm! ins Offene, Freund!“ vorgelegt hat. Der Autor nähert sich der Person Hölderlins in all ihren Facetten: dem Philosophen und begeisterten Anhänger der Französischen Revolution, seinen Lebens- und Leidensstationen und der Strahlkraft einer Dichtung, deren Rezeptionsgeschichte von fast ängstlicher Verständnislosigkeit bis hin zu politischer Instrumentalisierung in der NS-Zeit reicht. „Man muss Hölderlin einen Vorschuss an Liebe gönnen“, meint Safranski. Vielleicht ist ja gerade Zeit für Gedichte, und vielleicht steht da im Regal ein längst vergessener Hölderlin-Band? (lietz)