Mangelhafte Ware und Vorwürfe: Weiter Aufregung um Masken in Tirol
Von Südtirol aus China importierte und zum Teil in Tirol verteilte Schutzausrüstung war mangelhaft. Empfänger erheben den Vorwurf, unzureichend informiert worden zu sein.
Von Benedikt Mair
Innsbruck – Aus einer viel umjubelten Rettung in höchster Not, wurde ein Fiasko. Vor über zwei Wochen hat Südtirol rund 1,5 Millionen Schutzmasken aus China importiert. Wie bereits berichtet, entsprach ein Teil der Masken nicht wie angegeben dem FFP2-Standard. 100.000 Stück der mangelhaften Ware wurde, im Zeichen der Grenzübergreifenden Zusammenarbeit, an Tirol abgegeben, ein Fünftel davon auch verteilt. Empfänger des Schutzmaterials erheben nun den Vorwurf, unzureichend über die für den eigentlichen Zweck unbrauchbaren Masken informiert worden zu sein. Das Land Tirol verwehrt sich gegen diese Anschuldigung. Um aber Unsicherheit entgegenzuwirken, wurde gestern ein klärendes Schreiben verfasst.
Zur Erinnerung: Mit Unterstützung der österreichischen Bundesregierung wurden 130 Tonnen von Südtirol geordertes Material am 23. März in Wien per Flugzeug angeliefert und besagte 100.000 Masken sofort nach Tirol transportiert und an Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Hausärzte ausgeliefert. Stichproben wurden an mehrere Institute zur Prüfung der Qualität geschickt. Am 27. März schließlich trudelten die Ergebnisse ein. Zeugnis: ungenügend. Während das Land Tirol laut eigenen Angaben die Verteilung der Masken nach Einlangen der Prüfberichte sofort gestoppt hat, wurden sie bei den Nachbarn im Süden weiter verwendet. Aufgedeckt hat das unlängst das Südtiroler Online-Nachrichtenportal salto.bz.
Kaum Arztpraxen in Tirol ausreichend geschützt
Wiederholt haben Hausärzte in den letzten Wochen fehlende Schutzausrüstung beklagt. „Die erste Not haben wir überstanden“, sagt jetzt Herbert Bachler, Präsident der Tiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin. Dass Masken und Co. nun aber zur Genüge vorhanden seien, verneint er: „Der Mangel ist im Augenblick nicht so sichtbar, weil die Situation allgemein ruhiger ist als noch vor einigen Tagen.“ Bachler: „Es gibt ganz wenige Praxen in Tirol, die ausreichend geschützt sind.“ Trotz allem plädiert er, ähnlich dem Supermarkt-Modell, für eine Maskenpflicht in den Ordinationen. Um die Ausbreitung des Virus zu bremsen und Ärzte wie Patienten vor Infektionen zu bewahren.
Dass über die mangelhafte Ware nur unzureichend informiert worden sei, wird nun aber auch in Tirol kritisiert. So etwa von Arzt und Präsident der Tiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin Herbert Bachler. Er will im entsprechenden Zeitraum, neben Desinfektionsmittel und Mund-Nasen-Masken, zehn FFP-Masken erhalten haben, die möglicherweise aus der Südtiroler Lieferung stammen. Darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass gegebenenfalls mit der Ware etwas nicht stimme, sei Bachler erst Tage später. Und: „Aufgrund der nicht gegebenen Verpackung, war es mir nicht möglich zu erkennen, ob die FFP-Masken zu den mangelhaften gehörten oder nicht.“
Denn die an Krankenhäuser, Hausärzte oder Pflegeeinrichtungen ausgehändigten Schutzmasken stammen aus mehreren Sendungen. Auch das Land Tirol hat FFP2-Masken geordert, die geprüft wurden und den Normen entsprechen. Zu Unterscheiden sind fehlerhafte und zu verwendende nur anhand der Farbe der Plastikhülle – grüne sind in Ordnung, blaue stammen von der Südtirol-Lieferung.
Maskenpflicht in Öffis
Wie in ganz Österreich, gilt in öffentlichen Verkehrsmitteln in Tirol ab kommenden Dienstag die Pflicht, Mund und Nase zu bedecken. Möglich ist das sowohl mit Masken, als auch mit Schals oder Tüchern. Damit können sich „die Fahrgäste selbst, vor allem aber die weiteren Mitfahrenden, schützen“, sagt Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe (Grüne). Busse, Züge und Straßenbahngarnituren würden zudem nach wie vor gründlich desinfiziert. Die vordersten Türen bleiben weiterhin geschlossen, Tickets können nicht im Fahrzeug gekauft werden.
Florian Kurzthaler, Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit des Landes Tirol, sagt, sofort als die negativen Prüfberichte eingegingen, sei reagiert worden. „Noch am 27. März haben wir die Verteilung dieser Masken gestoppt.“ Einen Tag später sei die Ärztekammer informiert worden. Jeder, der Teile der von Südtirol zur Verfügung gestellten Schutzmaterialien erhalten habe, sei angeschrieben oder telefonisch kontaktiert worden. Um Unsicherheiten auszuräumen, sei aber gestern ein klärendes Schreiben an alle Betroffenen ergangen. Und wo ist die Ware mit den Mängeln jetzt? „Ein Teil der knapp 20.000 von uns ausgegebenen Masken wurde retourniert“, sagt Kurzthaler. Über den Rest könne er keine Auskunft geben.
Gerangel um Masken aus China
Südtirol (siehe oben) werde kein Einzelfall bleiben, meint Anton S., der seinen vollen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Mit seinem Unternehmen in Kärnten versucht er seit Wochen, Masken und Schutzanzüge aus China nach Österreich zu bekommen. „Das ist ein Haifischbecken“, fällt dem Unternehmer derzeit zu China ein, obwohl er seit Langem über ein großes Netzwerk im Land verfügt.
China habe die Liste der Unternehmen, die überhaupt exportieren dürfen, stark gekürzt und geändert. „60 Prozent der Masken bleiben in China, um 40 Prozent werden weltweit gehandelt.“ Preise würden sich geradezu jeden Augenblick ändern, Zertifikate gefakt werden und Zertifizierungsstellen seien überfordert.
„Wir haben bereits angekaufte Ware am Flughafen in Shanghai lagern, dort herrscht Chaos. Die Logistik ist zusammengebrochen“, erzählt der Unternehmer. „Es wird aufgrund der politischen Lage immer schwieriger, etwas ins oder aus dem Land zu bekommen.“ Bestellungen würden viele und aus ganz Europa bei ihm einlangen. „Ob wir die erfüllen können, ist fraglich.“ (aheu)