EU will Sommertourismus „behutsam“ hochfahren
Österreich könnte seine Grenzen für Nachbarstaaten mit geringen Infektionszahlen öffnen. In einem ersten Schritt sollen die „Voraussetzungen für Urlaub im eigenen Land“ geschaffen werden. Deutschland ist weiter zurückhaltend.
Brüssel, Wien – Die EU-Tourismusminister haben sich gestern in einer Videokonferenz über die Folgen der Corona-Krise für die Tourismuswirtschaft ausgetauscht und darüber, wie der Sommertourismus heuer noch gestartet werden könnte. „In den nächsten Wochen wollen wir gemeinsam mit Partnerländern und der EU-Kommission Lösungen erarbeiten, wie der Sommertourismus behutsam wieder ermöglicht werden kann“, berichtete Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP).
Entscheidend sei der ständige Blick auf die Infektionszahlen und die Evaluierung von Gesundheitsdaten, so die Ministerin. Österreich wolle in einem ersten Schritt die „Voraussetzungen für Urlaub im eigenen Land“ schaffen. Köstinger erwartet „grundsätzlich noch längere Zeit starke Einschränkungen in der Reisefreiheit“. Erleichterungen kann sie sich „in Zukunft zwischen benachbarten Mitgliedsstaaten, die im Kampf gegen das COVID-19-Virus eine ähnlich gute Entwicklung vorweisen können wie Österreich“, vorstellen. Deutschland, aber auch Tschechien seien Beispiele dafür.
Nach Angaben des tschechischen Außenministers Tomas Petricek können tschechische Touristen ab Juli oder sogar schon früher Österreich und die benachbarte Slowakei besuchen, wenn sich die Coronavirus-Pandemie in der Region günstig entwickle.
Deutschland hat hingegen zuletzt die Erwartungen an eine baldige Öffnung von europäischen Reisezielen für deutsche Touristen gedämpft. „Was ein Infektionscluster in einem beliebten Urlaubsgebiet in den Heimatländern der Touristen anrichten kann, haben wir bereits erlebt“, sagte der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) der Bild am Sonntag unter Verweis auf die Coronavirus-Infektionsfälle in Ischgl.
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) stellte klar, dass Österreich den Tourismus nur behutsam hochfahren werde. „Es ist allen bewusst, dass der Sommerurlaub heuer ganz anders sein wird als gewohnt. Grenzüberschreitender Tourismus wird nur vorsichtig und Schritt für Schritt wieder möglich sein“, sagte Schallenberg der Bild-Zeitung.
Auch im schwer von der Pandemie betroffenen Italien versucht man den Sommertourismus einigermaßen zu retten. So wollen die Badeanstalten-Betreiber in der Region Friaul elektronische Armbänder für ihre Besucher einführen. Das wasserfeste Armband aus Silikon soll bei der Regelung des Zugangs zu den Stränden helfen. Plexiglasscheiben zwischen Liegestühlen könnten vor Infektionen schützen. Auf der süditalienischen Insel Ischia könnten Urlauber auf eigens entwickelten schwimmenden Plattformen den Stränden vorgelagert sonnenbaden.
Tourismus und Reisewirtschaft sind durch die Pandemie stark getroffen. Laut dem Tourismusministerium finden 50 Prozent des weltweiten Tourismus in der EU statt, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwartet einen Rückgang zwischen 45 und 70 Prozent in diesem Sektor. (APA, TT)