Fiona Apple: Im Proberaum bei Experiment und Gebell
Vor Kurzem erschien das fünfte Studioalbum „Fetch the Bolt Cutters“, das Fiona Apple vielfältig wie kaum zuvor zeigt.
Innsbruck – Vor 24 Jahren stellte sich Fiona Apple in ihrem Debütalbum „Tidal“ als mürrisches Mädchen vor. In „Sullen Girl“ beschrieb die Sängerin poetisch trotzig ein Ich, unzufrieden und aufgerieben von der Intensität der Gegenwart. 1996 passte sie damit zu den schön lauten, aufsässigen Musikerinnen Tori Amos oder Alanis Morisette, die selbstbewusst über ihre Gefühle sangen.
Viel geändert hat sich da bei Fiona Apple aus New York bis heute nicht – obschon sich einiges entwickelt hat. Ihr Oeuvre ist schmal, aber gewichtig: Vor Kurzem erschien ihr fünftes Studioalbum „Fetch the Bolt Cutters“, das Apple vielfältig wie kaum zuvor zeigt. Darauf macht die als Popavantgardistin bekannt gewordene Fiona Apple, was ihr in den Sinn kommt. Schon beim Ersthören bohrt sich eine Zeile ins Hirn: „I won’t shut up“, tönt einem bei „Under the Table“ entgegen.
Stets offen ist Fiona Apple mit ihren psychischen Problemen umgegangen, etwa ihrer Erfahrung mit sexueller Gewalt. Und ihre Kreativität, mit der sie gegen die eigene Düsterkeit ankämpfte, war stets unbändig. Ihr zweites Album (1999) sollte einen 90 Worte langen Titel tragen, ein Gedicht der Sängerin. Das führte zum Streit mit der Plattenfirma. Nach dem offiziell verkürzten „When the Pawn ...“ folgen auch dem vierten Albumtitel „The Idler Wheel“ (2012) drei Punkte. Fiona Apple ist höchstens für Kompromisse offen.
Grenzen auszuloten hat sich die 40-Jährige auch in stilistischer Hinsicht vorgenommen: Ihr vormalig sehr reduzierter Sound (sie am Piano) wurde mit den Jahren zunehmend ausgefuchster, bereits auf ihrer letzten Platte experimentierte die Musikerin mit Instrumenten und Klängen. Die Songs fühlen sich heute roher an – Hörbeispiel „Newspaper“ –, teilweise fühlt sich der Zuhörer in Apples New Yorker Proberaum versetzt. Oder gar ins private Appartement: Im Titeltrack bellen mehrere Hunde gegen Apples über die Akkorde mäandernden Textfetzen an.
Stilistisch gesehen behält sich Fiona Apple ihren jazzig-bluesigen Touch (z. B. „Rack of Hits“), geschmeidiger Pop war gestern. Die 13 Songs sind vertonte Emotionen, die Apple inzwischen wenig mürrisch auf den Punkt bringt: Im Opener wird aus dem „I hope that you love me, you love me“ ein sicheres „I want what I want, and I want you to love me“. Eine sichere Empfehlung! (bunt)
Alternative Fiona Apple: Fetch the Bolt Cutters. Epic/Sony