Tobende Kinder, fliegende Bälle: Run auf Tirols Spiel- und Sportplätze
Ein zweites Frühlingserwachen haben gestern die Sport- und Spielplätze des Landes erlebt. Unwissen herrscht noch bei der Maskenpflicht.
Von Nikolaus Paumgartten
Rum, Innsbruck – Ein hohes Kreischen, ein lautes Juchzen, ein herzhaftes Lachen. Dort wo wochenlang rot-weiße Absperrbänder und Tafeln dafür gesorgt haben, dass Rutsche, Wippe, Affenschaukel und Co unbenützt blieben, ist jetzt wieder Leben eingekehrt. Unüberhörbar und voller Energie.
Das Wetter am Wiederauferstehungstag der Spielplätze könnte besser sein: Die Sonne zeigt sich nur ab und zu und hin und wieder fallen aus den grauen Wolken ein paar Regentropfen. Trotzdem hat es zahlreiche Familien an diesem 1. Mai auf den Rumer Waldspielplatz verschlagen. „Es war einfach Zeit“, sagt ein Vater von zwei Mädchen, die gerade an einem der Spielgeräte einen Höllenritt hingelegt haben und auf Gummitellern um einen Baumstamm gewirbelt sind. Mit dieser Meinung ist er nicht allein:
In der Sandkiste herrscht Hochbetrieb. Bagger, Kübelchen, Schaufel und Formen wurden entstaubt und erfüllen nun wieder ihren Zweck. Am Klettergerüst turnen zwei Knirpse herum und hangeln sich über Sprossen und Netze, auf der Slackline erprobt ein Mädchen seine Balancierkünste. Hier hält eine Familie ein Picknick ab und teilt sich auf der Bank Apfelspalten und Butterkekse, dort toben sich einige prustend auf der Doppelschaukel aus. Die Kinder haben ihr Königreich zurückerobert. Und würde die Gruppe Erwachsener neben der Holzhütte mit dem mächtigen Schrägdach nicht penibel darauf achten, dass sie während ihres Gesprächs den Mindestabstand einhält – es wäre ein ganz normaler Tag auf dem Spielplatz.
Unterhalb der Anlage befinden sich die Plätze des Tennisclubs Rum. Dass hier bereits wieder das Racket geschwungen wird, davon zeugt das unverwechselbare Geräusch, das geschlagene Bälle von sich geben. Mit Inkrafttreten der neuen Verordnung dürfen nun nämlich auch bestimmte Sportanlagen wieder ihre Tore öffnen. Doch die Brüder Benedikt und Maximilian Kössler haben Pech: Der Regen der vergangenen Tage hat ein Bespielen der Sandplätze unmöglich gemacht. Und so lassen die beiden die Filzkugel eben nur über den Asphalt fliegen und gegen eine Wand springen.
Ebenfalls gedulden müssen sich die Sportler des Sparkassen Tennisclubs West in Innsbruck beim Flughafen. „Bei uns geht es am 4. Mai wieder los“, erklärt Trainer Jürgen Hager und stützt sich dabei auf sein Scharrierholz, mit dem er gerade noch den Platz bearbeitet hat. Im Hintergrund zieht ein Kollege seine Runden auf der Walze. Der Druck der Hobby- und Freizeitsportler, endlich wieder auf den roten Sand zurückkehren zu können, ist enorm, weiß Hager.
Um die vorgeschriebenen Abstände einhalten zu können, wird im Doppel vorerst nicht gespielt. Auch hat jeder Spieler eigene Bälle zu verwenden und Duschen und Buffet bleiben geschlossen. „Vieles wird sich mit der Zeit einspielen“, ist Jürgen Hager überzeugt. Etwa ob Bälle gemeinsam verwendet werden können, wenn man beim Aufschlag einen Einweghandschuh trägt. Klare Regeln und der Hausverstand sollen es möglich machen, dass ohne Gesundheitsbedenken wieder Tennis gespielt werden kann.
Klare Regeln gibt es auch beim Golf. Auch dort lassen Sportler seit gestern wieder die Bälle fliegen – und achten dabei auf Sicherheitsabstände und Hygienevorschriften, heißt es seitens des Tiroler Golfverbandes.
Die seit gestern gültige neue Verordnung regelt jedoch nicht nur die Öffnung der Sport- und Spielplätze, sondern schreibt auch vor, wie man sich künftig im öffentlichen Raum bewegen darf. So muss etwa beim Betreten öffentlicher Gebäude ein Mund-Nasen-Schutz getragen und ein Abstand von einem Meter zu haushaltsfremden Personen eingehalten werden. Am Innsbrucker Hauptbahnhof scheint sich das noch nicht so recht herumgesprochen zu haben. Auf den Rolltreppen nimmt man es mit dem Abstand nicht so genau.
Die Mehrzahl deckt zwar Nase und Mund ab, viele verzichten allerdings noch darauf. Auch ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes hat keine Maske angelegt, während sein Kollege eine trägt. „Noch ist es nicht vorgeschrieben“, erklärt er. Seitens der ÖBB heißt es dazu, dass man angesichts der späten Veröffentlichung der Verordnung (Donnerstag 22 Uhr, Anm.) und des Feiertages noch nicht entsprechend reagieren und eine Maskenpflicht in den Bahnhöfen kommunizieren konnte. In den Zügen selbst müsse allerdings schon länger eine Maske getragen werden, man empfehle daher, diese auch auf dem Bahnsteig und im Bahnhofsgebäude nicht abzunehmen.