1. Mai weltweit mit und ohne Demonstrationen gefeiert

Die Polizei in Deutschland will am 1. Mai mit einem Großaufgebot die Corona-Einschränkungen in der Hauptstadt durchsetzen und größere Menschenansammlungen konsequent auflösen. Auch in Frankreich fallen Mai-Demonstrationen wegen der strengen Ausgangsbeschränkungen heuer aus. In Italien wird der „Tag der Arbeit“wegen der Coronavirus-Pandemie in einer düsteren Stimmung begangen.

Der Tag stehe ganz im Zeichen des Infektionsschutzes, kündigte Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) an. Demonstrationen dürften nicht „zum Ischgl von Berlin werden“, hatte der SPD-Politiker betont. Bei Partys in dem österreichischen Skiort hatten sich zahlreiche Menschen mit dem Coronavirus infiziert und weitere Menschen angesteckt. Etwa 5.000 Polizisten werden am Freitag im Einsatz sein; 1.400 davon sollen aus anderen Bundesländern und von der deutschen Bundespolizei kommen. Rund 20 Versammlungen mit jeweils bis zu 20 Teilnehmern wurden laut Geisel genehmigt. Die Teilnahme an nicht genehmigten Demonstrationen sei derzeit eine Straftat.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron lobte die Berufstätigen im Land. „Die Nation behauptet sich dank der Arbeit, die heute gefeiert wird“, sagte der 42-Jährige anlässlich des Mai-Feiertags. „Dieser 1. Mai 2020 gleicht keinem anderen“, sagte der Staatschef in einem Video, das über soziale Netzwerke verbreitet wurde. In Frankreich ist es eher ungewöhnlich, dass sich ein Präsident zum Tag der Arbeit äußert. Macron erinnerte daran, dass die traditionellen Mai-Demonstrationen wegen der strengen Ausgangsbeschränkungen ausfallen.

In Italien fielen wegen der Coronavirus-Pandemie die traditionellen Veranstaltungen der Gewerkschaften am 1. Mai aus. Auch ein seit Jahrzehnten von den Arbeitnehmerverbänden organisiertes Großkonzert mit vielen Musikstars vor der Lateranbasilika in Rom musste abgesagt werden und wurde mit einem Streaming-Event ersetzt. Drei Tage vor der für 4. Mai vorgesehenen Lockerung der Ausgangssperre sind Italiens Zukunftsperspektiven schwarz. Während die Regierung mit einem zehnprozentigen Rückgang des Bruttoinlandprodukts (BIP) 2020 rechnet, zittern die Italiener um ihre Jobs, vor allem in den von der Krise am stärksten betroffenen Sektoren wie Tourismus, Gastronomie, Freizeit und Kultur. Auch der Kleinhandel, der erst am 1. Juni neu starten sollte, rechnet mit massiven Jobkürzungen.

„Die Folgen der Pandemie gefährden viele Arbeitsplätze“, sagte Staatschef Sergio Mattarella in seiner Ansprache zum 1. Mai. Er rief zu nationaler Geschlossenheit auf, um die schweren Auswirkungen der Epidemie zu überwinden, die Italien besonders hart getroffen habe.

Italiens Arbeitswelt sei sehr hart von der Coronavirus-Pandemie betroffen. „Viele Italiener haben mit Angst und Sorge diese Phase mit geschlossenen Betrieben und gefährdeten Jobs erlebt“, schrieb Premier Giuseppe Conte auf Facebook. Zugleich dankte der Premier all jenen Italienern, die seit Beginn der Pandemie im Einsatz sind, um lebenswichtige Aktivitäten im Land aufrecht zu erhalten. Der Staat werde niemanden im Stich lassen.

In Athen begingen einige Hundert Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaft PAME vor dem Parlament den 1. Mai mit einer Demonstration auf Abstand. Die meisten Demonstranten trugen rote Masken, wie das griechische Fernsehen zeigte. Die Teilnehmer forderten, die Arbeitnehmer nicht den Preis für eine schwere weltweite Depression wegen der Coronakrise bezahlen zu lassen.

Auch in anderen griechischen Städten gingen einige Hundert Arbeitnehmer auf die Straßen. In fast allen Fällen wurde der Abstand eingehalten. Alle anderen griechischen Gewerkschaftsverbände hatten wegen der Pandemie ihre Demonstrationen abgesagt.

Kurz vor einer geplanten Mai-Demonstration in der türkischen Metropole Istanbul nahm die Polizei mindestens 15 Teilnehmer fest. Das bestätigte ein Mitglied einer großen Dachorganisation linker Arbeitergewerkschaften, Disk, die den Marsch organisierte. Auch die Vorsitzende von Disk sowie die Chefs einiger im Verbund organisierten Gewerkschaften sind demnach unter den Inhaftierten. Oppositionspolitiker waren ebenfalls vor Ort. In Istanbul wie in 30 weiteren Städten und Provinzen gilt wegen der Coronaviruskrise seit Donnerstag um Mitternacht und noch bis Sonntagnacht eine weitgehende Ausgangssperre.

In Russland verlagerten zahlreiche Parteien ihre Kundgebungen wegen der Coronavirus-Pandemie ihre Veranstaltungen zum Tag der Arbeit ins Internet. Im Radio und auf zahlreichen Online-Plattformen gab es Flashmobs und Konzerte mit sowjetischen Liedern. Auf Youtube luden etwa Parteien die Menschen ein, über ihre finanziellen Schwierigkeiten und Probleme in der Selbstisolation zu sprechen.

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