Wie aus Gendarmerie und Polizei eine Einheit wurde
15 Jahre nach der Zusammenlegung sind die Gräben zwischen den Wachkörpern weitgehend zugeschüttet. Das war nicht immer so.
Von Thomas Hörmann
Innsbruck – Polizei.ade: Das war der launige Name des Festes, bei dem die Innsbrucker Polizisten vor 15 Jahren im Innenhof der Polizeidirektion das Ende ihres Wachkörpers betrauerten. Ein rauschendes Fest übrigens - abgesehen vom Anlass sollen auch 500 Liter Bier in der lauen Sommernacht zum 1. Juli 2005 für Katerstimmung gesorgt haben.
Eine Neuauflage des Polizei.ade-Festes zum Fünf-Jahr-Jubiläum scheiterte - das damalige Innsbrucker Polizeikommando fand die Idee nicht sehr witzig und untersagte die Benützung des Direktionsinnenhofes kurzerhand für "eine derartige Anarchistenfeier", schmunzelte vor zehn Jahren ein Beamter.
Ein an sich unbedeutendes Scharmützel, das aber eines zeigte: "In den Köpfen der Beamten aus den Reihen der früheren Polizei und Gendarmerie ist die Zusammenlegung noch immer nicht 100-prozentig vollzogen. Das wird wohl noch eine Generation dauern", befand der Polizist.
Jetzt - 15 Jahre nach der Zusammenlegung und zehn Jahre nach dem verhinderten Fest - scheint der Generationswechsel vollzogen. "Die Zusammenlegung der beiden Wachkörper ist aus den Köpfen der Beamten heraußen", sagt Landespolizeidirektor Edelbert Kohler: "Das ist, abgesehen von gelegentlichen scherzhaften Seitenhieben, kein Thema mehr." Die jungen Beamten "wissen heute gar nicht mehr, um was es dabei geht".
Tatsächlich blieben nach dem abgesagten Fest vor zehn Jahren weitere Versuche aus, die alten Tage der Innsbrucker Polizei zu feiern. "Jeder hat längst gelernt, mit dem neuen System umzugehen", sagt ein altgedienter Offizier: "Man kam auch drauf, dass einige der damals aufgelösten Strukturen ihre Berechtigung hatten - sie wurden dann wieder eingeführt."
Ein weiterer Offizier, der seine Karriere allerdings als Gendarm begonnen hat, sieht es ähnlich: "Das Thema Zusammenlegung existiert eigentlich kaum noch." Sehr wohl aber ortet er Mentalitätsunterschiede auch in der "neuen" Polizei: "Es ist ein Unterschied, ob ein Beamter am Land oder in der Stadt sozialisiert wird. Die Aufgaben sind ganz anders, die Anforderungen unterschiedlich. Und das prägt." Das habe aber nichts damit zu tun, ob ein Beamter bei der alten Polizei oder der Gendarmerie begonnen habe. Nichtsdestotrotz gibt es immer noch Veteranen, die zwischen "echter" und "falscher" Polizei unterscheiden. Ein Kriterium sei aber das Kaderdenken, das bei der Gendarmerie angeblich viel ausgeprägter war und heute noch spürbar sei.
Was die Schlüsselpositionen anbelangt, sind die "echten" Polizisten nicht benachteiligt. Landespolizeidirektor Kohler hat ebenso bei der alten Polizei begonnen wie der neue Innsbrucker Polizeichef Romed Giner.
Polizeireform
Zusammenlegung: Am 1. Juli 2005 wurden die beiden großen Wachkörper der österreichischen Exekutive – Polizei und Gendarmerie – gegen den Widerstand vieler Beamter zusammengelegt.
Bereiche: Die Polizei war nur in den großen Städten (in Tirol nur in Innsbruck) angesiedelt und hatte Behördenstatus, konnte also auch Strafen verhängen. Die Gendarmerie war ein reiner Wachkörper im ländlichen Raum. Die Zuständigkeitsbereiche und Kommandostrukturen waren streng getrennt.
Umsetzung: Innenminister Ernst Strasser setzte die Fusion um. Bei der Zusammenlegung verloren viele Kommandanten ihre Posten, auch Sondereinheiten wurden aufgelöst. Noch jahrelang zogen sich die alten Gräben durch die neue Polizei.