EU-Außenminister tagen in Brüssel zu Beziehungen zur Türkei
Die EU-Außenminister sind am Montag zu ihrem ersten Treffen in Brüssel seit Beginn der Beschränkungen wegen der Coronakrise zusammengekommen. Wichtigstes Thema seien die Beziehungen zur Türkei, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Das Verhältnis zu dem EU-Beitrittskandidaten sei derzeit „nicht besonders gut“. Es gehe darum, wie die EU weiter vorgehen solle.
Mit Ankara gibt es eine Reihe von Konfliktthemen: Sie reichen von den durch die EU als „illegal“ eingestuften Öl- und Gasbohrungen vor Zypern und Griechenland bis zur umstrittenen Rolle des Landes in den Konflikten in Syrien und Libyen. Gleichzeitig sieht die EU die Türkei als wichtigen Partner in der Migrationspolitik und unterstützt das Land mit Milliardenzahlungen bei der Versorgung von Millionen Flüchtlingen aus Syrien.
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) sieht in der Umwidmung der Hagia Sophia in Istanbul von einem Museum in eine Moschee „ein jüngstes Glied einer Kette von Provokationen“. In Hinblick auf die Entwicklungen in Libyen und im Nordirak betonte er vor dem EU-Außenrat am Montag in Brüssel, „die Türkei ist einfach kein verlässlicher Partner Europas“.
Die EU müsse gegenüber der Türkei „eine Politik mit starker Kante“ und „klarer Sprache führen (...) auf einem soliden Wertefundament“, sagte Schallenberg. Erneut forderte er den Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit Ankara: „Auch hier sollte die Europäische Union einen klaren Schnitt ziehen und sagen, das ist alles nicht mehr zulässig und richtig.“ Dass es bei diesem Treffen der EU-Außenminister zu einem Beschluss kommen wird, glaubt er zwar nicht, wenn man sich allerdings die türkische Politik unter anderem in Libyen und Syrien sowie die Umwidmung der Hagia Sofia anschaue, sollte das „uns in Europa schon zum Umdenken bewegen“.
Die Beziehungen zu der Türkei hätten „sich in die falsche Richtung entwickelt“, sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Es sei „sehr schlimm“, dass Ankara Menschenrechtsaktivisten „als Terroristen bekämpft“ und im Mittelmeer versuche, hegemoniale Interessen entgegen internationalem Recht durchzusetzen. Die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee sei zudem „ein Schlag gegen die Allianz der Zivilisationen“ und entferne die Türkei weiter von Europa.
Die EU hatte 2005 Verhandlungen mit der Türkei über einen Beitritt aufgenommen. Infolge der Massenverhaftungen von Regierungskritikern nach dem gescheiterten Militärputsch von 2016 wurden die Verhandlungen aber auf Eis gelegt.
Weitere Themen des Außenministertreffens sind die mögliche Reaktion der EU auf das neue Sicherheitsgesetz in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong und die Corona-Pandemie in Lateinamerika, wo die Infektionszahlen in vielen Ländern weiter deutlich steigen. Seit März hatten die EU-Außenministertreffen wegen der Coronakrise nur als Video-Konferenzen stattgefunden.