Bildungsschub begann 1920 in Landeck
Die Landecker Bürgerschule ist vor 100 Jahren in einer Baracke eröffnet worden. Es war der Auftakt zu einem spannenden Kapitel regionaler Bildungspolitik.
Landeck – Der Historiker und SPÖ-Lokalpolitiker Manfred Jenewein sieht es als „bemerkenswerte Initiative in einer wirtschaftlich besonders schwierigen Lage kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges“, die zur Gründung der Bürgerschule in Landeck geführt hat. Ab 1928 war es die erste und bis 1956 die einzige Hauptschule im Bezirk. Jenewein hat Dokumente zur Schulgeschichte in Buchform aufbereitet und damit auch Fenster zur Tiroler Bildungspolitik am Ende der Monarchie geöffnet.
„Nach der Revolution 1848 entbrannte ein Schulstreit zwischen Kirche und Staat“, zeigt der Autor auf. Formal sei der Streit mit dem Reichsvolksschulgesetz 1869 beendet worden. „Aber im Kronland Tirol hat die Umsetzung des Gesetzes noch Jahrzehnte gedauert.“ Der „Tiroler Schulkampf 1869–1892“ zwischen Kirche und Staat sei auch im Reichsrat in Wien geführt worden.
In Landeck war Josef Alois Probst 1919 zum Bürgermeister gewählt worden. In seiner Antrittsrede erklärte er, dass eine Bürgerschule dringend notwendig sei. Diese sollte in der Kreuzbühel-Baracke eingerichtet werden, die bisher als Quatier für die Reschenbahn-Bauleitung und als Lazarett für Kriegsverletzte diente. In dem Objekt entstanden sechs Klassenzimmer (je 60 bis 70 Quadratmeter groß), ein Zeichensaal, ein Lehrmittelraum und ein Direktionszimmer. Die Umbau-Kosten von 500.000 Kronen bedeuteten eine enorme Belastung für die damalige Marktgemeinde Landeck.
Das Schulprojekt sei in der Gemeindepolitik heftig umstritten gewesen. „Aber der Bürgermeister blieb hartnäckig und konnte sich durchsetzen“, erzählte Jenewein kürzlich bei der Buchpräsentation. Am 3. Oktober 1920 lud Probst „den verehrlichen Lehrkörper“ zum „Hauptgottesdienst und zur feierlichen Eröffnung (Einweihung) der Bürgerschule“ ein. Doch rasch platzte die Schulbaracke aus allen Nähten. Die Gemeinde beauftrage den Tiroler Architekten Clemens Holzmeister mit den Planungen für einen Neubau. Dieser konnte am 30. September 1928 als Hauptschule Landeck eröffnet werden. In Zeitungsberichten ist nachzulesen, das Objekt sei „nach übereinstimmendem Urteil aller Sachverständigen als modernster Schulbau in den Alpenländern anzusprechen“.
In Summe haben rund 7500 Schülerinnen und Schüler die für den Bezirk bedeutende Bildungseinrichtung absolviert, in der im Laufe der Jahre 300 Lehrerinnen und Lehrer unterrichteten. (hwe)