Subtile, bildgewaltige Orgel in der Basilika von Stift Stams
Von Ursula Strohal
Stams – Orgelkonzerte mit Orchester gibt es heutzutage selten. Seit ihrer Uraufführung am Samstag in der Basilika von Stift Stams bereichern zwei weitere große Werke inhaltsvollen und repräsentativen Charakters die Szene. Das Konzert unter dem Titel „Tirol 1809 – und jetzt?“ basierte auf einer Kooperation der Akademie St. Blasius mit dem Ferdinandeum und „stift stams sakral – Festival Orgel Plus“, einer fruchtbaren Zusammenarbeit. Kleine Korrektur: Die Orgelkonzerte von Franz Baur, Elias Praxmarer und bekanntermaßen Francis Poulenc sind weltlich angelegt.
Wobei Baur sich am introvertiertesten erwies. Er verließ das Konzertmotto, eingeholt von der coronabedingten Krise, die auch eine Programmänderung erzwang. „Aber das Komponieren ließ sich nicht aufhalten“, sagt er in seiner Programmnotiz, und dass die Kunst den Menschen zum Menschen mache. Sein Konzert in fünf Sätzen ist von spätromantisch intensiver Farbigkeit, mit langen Pausen, langen Tönen und häufig abgesetzten Akkorden, die nicht nur in meditativem Umfeld Raum für Gedanken schaffen und lebhafte Überwindungsgebärden in einen finalen Choral führen. Michael Schöch tauchte mit großer Sensibilität diesen Empfindungsfächer mittels der Schönheit der Chororgel in ein mildes Licht.
In Poulencs verwegenem, bläserlosen Konzert spielte Schöch mit Temperament und Verve, aber durchaus auch subtil, an der dreimanualigen Rieger-Orgel die elegante Janusköpfigkeit aus. An der Pauke: Stefan Heiss. Das Orchester hat unter Karlheinz Siessls Leitung an diesem Abend seine Qualitäten weiter ausgebaut, transparent, präzise, mitdenkend, klangschön die Streicher.
Zwischen Baur und Poulenc die leidenschaftlich gedankenvolle Auseinandersetzung von Elias Praxmarer mit dem Jahr 1809, die sich bis auf wenige Abschnitte freilich auch als absolute Musik bewährt. Mit Händen und Füßen virtuos, führte er bildgewaltig – Daniel Oberladstätter am Schlagwerk hatte zu tun – durch Krieg und Drama, hell leuchteten Holzbläser auf, satte Lyrik fand den extremen Gegensatz in erschreckend ideologischen Takten – die aber brechen zusammen, wenn der Orgel die Luft genommen wird.