Feiern zu Wiedereröffnung der Hagia Sophia als Moschee
In der Hagia Sophia in Istanbul ist am Freitag das erste Gebet seit der Rückumwandlung der ursprünglichen Kirche von einem Museum in eine Moschee abgehalten worden. Hunderte Gläubige nahmen an der Zeremonie im Beisein des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan teil. Die Umwandlung der Hagia Sophia von einem Museum in eine Moschee stieß international auf Kritik.
Im Inneren der Moschee waren Gläubige versammelt, wie Fernsehbilder zeigten. Einige hatten in Zelten vor der Moschee übernachtet. Behörden forderten die Gläubigen wegen der Corona-Pandemie auf, Masken zu tragen und auf den Mindestabstand zu achten. Journalisten berichteten am Vormittag von riesigen Menschentrauben, die dicht gedrängt stehen würden. Viele Straßen wurden bereits am Vorabend für den Verkehr gesperrt. Insgesamt sollen mehr als 20.000 Polizisten im Einsatz sein.
Vor zwei Wochen hatte das Oberste Verwaltungsgericht der Türkei den jahrzehntelangen Status der Hagia Sophia als Museum annulliert. Erdogan ordnete daraufhin die Nutzung als Moschee an. Die Umwandlung stieß international auf scharfe Kritik.
Laut Kathpress empfing US-Präsident Donald Trump das Oberhaupt der griechisch-orthodoxen Erzdiözese in den USA, Elidoforos, im Weißen Haus, um sich aus erster Hand über die Bedenken der orthodoxen Kirche hinsichtlich der Umwandlung der Hagia Sophia zu informieren. Laut Bericht des Portals „Orthodox Times“ (Freitag) soll Trump gegenüber Erzbischof Elidoforos große Unzufriedenheit mit der Entscheidung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bekundet haben. Trump habe demnach auch seine Besorgnis über den Schutz der Menschenrechte und insbesondere der Religionsfreiheit von Minderheiten in der Türkei ausgedrückt.
Fast ein Jahrtausend lang war die Hagia Sophia das größte Gotteshaus der Christenheit. Sie war Hauptkirche des Byzantinischen Reiches. Ab dem 7. Jahrhundert wurden dort die Kaiser gekrönt. Wie der Petersdom für die Katholiken, ist die Hagia Sophia für alle orthodoxen Christen auf der Welt ein wichtiges Symbol.
Der osmanische Sultan Mehmet II., genannt Fatih - der Eroberer, wandelte die Hagia Sophia nach der Eroberung Konstantinopels (heute: Istanbul) 1453 von einer Kirche in eine Moschee um. Die Eroberung markierte den Untergang des Byzantinischen und den Aufstieg des Osmanischen Reiches als Großmacht. Die Umwandlung der Hagia Sophia war das Symbol dieses Sieges. In den 1930er Jahren wurde das Gebäude auf Betreiben des türkischen Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk säkularisiert und öffnete als Museum.
Die nunmehrige Rückumwandlung in eine Moschee löste auch international Kritik aus. So kritisierte Die deutsche Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth kritisierte das Vorgehen am Freitag als „Kampfansage an die laizistische Türkei“ und Missbrauch der Religion. Die EU müsse auf diese Provokation mit mehr reagieren als mit der bisher vorgetragenen Kritik, forderte Roth. „Wenn sich die EU dahin gehend positionieren würde, dass keine Rüstungsgüter mehr geliefert werden oder wenn mit den Hermesbürgschaften auch wirtschaftliche Maßnahmen ergriffen würden, das würde Erdogan wehtun“, sagte die stellvertretende Parlamentspräsidentin. Das Problem sei, dass die EU sich „wegducke“, weil sie sich durch den Flüchtlings-Deal vom türkischen Präsidenten abhängig gemacht habe.
Auch von österreichischer Seite gab es Kritik, darunter von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP). Die Türkische Kulturgemeinde in Österreich (TKG) sah am Freitag in einer Aussendung einen „Missbrauch (...) der Religion“ durch die Politik. Als „Unterstützer der modernen Türkei“ sei man gegen die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee. Mit der Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee verliere die Türkei zudem ihre Funktion als Brückenbauerin zwischen Ost und West.
Der türkische Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk erklärte, die Umwidmung widerspreche den Absichten von Mustafa Kemal Atatürk. Sein Ziel sei eine säkulare und zugleich muslimisch geprägte Türkei gewesen, erklärte Pamuk im Interview der Deutschen Welle.
Der muslimische Intellektuelle und Oppositionspolitiker Cihangir Islam wandte sich gegen das Bild einer „Islamisierung“ seines Heimatlandes. „Die Türkei wird nicht islamisiert, sie wird von einem autoritären Regime geführt“, betonte Islam. Als muslimischer Bürger sehne er sich nach einer Türkei, in der Menschenrechte, Rechtsstaat und Demokratie herrschten.