Blutige Zusammenstöße nach Wahl in Weißrussland

Nach der Präsidentenwahl in Weißrussland (Belarus) ist es zu blutigen Zusammenstößen von Polizei und Demonstranten gekommen. In Minsk gingen die Polizisten mit Wasserwerfern, Gummigeschossen und Blendgranaten gegen die Bürger vor. Es gab viele Verletzte. In einzelnen Regionen kam es hingegen zu ersten Siegesfeiern für die Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja.

Die Menschen riefen die Uniformierten auf, sich dem Wählerwillen zu beugen und dem Volk anzuschließen. Die Polizei habe kaum Widerstand gegen die Menschenmengen leisten können, berichteten oppositionsnahe Internetportale. In der Großstadt Baranowitsch im Westen des Landes etwa flohen Beamte zunächst vor den Demonstranten. Teils waren in den Städten - etwa in Witebsk und in Kobrin - kaum Sicherheitskräfte unterwegs, weil sie in der Hauptstadt im Einsatz waren.

Die Proteste richteten sich gegen Wahlfälschungen und einen von den Behörden angekündigten Sieg von Präsident Alexander Lukaschenko. Von ihm oder der Wahlleitung gab es am Abend zunächst keine Reaktionen. Dagegen feierten die Anhänger der Präsidentenkandidatin Tichanowskaja an einzelnen Wahllokalen im Land den Sieg der 37-Jährigen gegen Lukaschenko. Allein in Minsk soll sie in 20 Lokalen gewonnen haben.

Von der Wahlkommission gab es auch Stunden nach Ende der Abstimmung keine ersten offiziellen Ergebnisse. Die Internetseite der zentralen Wahlleitung war nicht mehr abrufbar. Einzelne örtliche Wahlkommissionen traten vor die Menschenmengen und verkündeten Ergebnisse, nach denen Lukaschenko eine schwere Niederlage erlitten habe. Teils kam Tichanowskaja demnach auf zwischen 80 bis 90 Prozent der Stimmen.

Ziel Tichanowskajas war es im Wahlkampf, die Abstimmung zu gewinnen, als Präsidentin alle politischen Gefangenen freizulassen und dann freie Neuwahlen anzusetzen. Sie kandidiert an Stelle ihres Ehemanns Sergej Tichanowski. Der regierungskritische Blogger sitzt wie der frühere Banken-Chef Viktor Babariko in Haft - wegen Anschuldigungen, die als politisch inszeniert gelten.

Tichanowskaja wollte daher von einer Niederlage nichts wissen: „Es kann keine Anerkennung eines solchen Wahlergebnisses geben“, sagte ihre Sprecherin Anna Krasulina. Es sei damit zu rechnen gewesen, dass die staatlichen Prognosen Lukaschenko rund 80 Prozent der Stimmen zuschreiben würden. „Das ist fern jeder Realität.“

Die Oppositionskandidatin rief die Sicherheitskräfte zugleich zum Gewaltverzicht auf. „Ich möchte Polizei und Militär daran zu erinnern, dass sie Teil des Volkes sind“, sagte sie nach Angaben ihres Wahlkampfstabs. An ihre Anhänger appellierte sie, Provokationen zu unterlassen. „Ich weiß, dass die Menschen in Belarus morgen in einem neuen Land aufwachen werden“, meinte Tichanowskaja.

Nach Angaben von Beobachtern sollen sich in der Hauptstadt bis zu 100.000 Menschen an den Demonstrationen beteiligt haben. Auf Videos war etwa zu sehen, wie Demonstranten aus Müllcontainern Barrikaden errichteten. Menschenmassen zogen durch die Straßen - auch in anderen Städten des Landes. In sozialen Netzwerken wurden immer wieder Videos veröffentlicht, wie Polizisten brutal auf Menschen einprügelten. Auch Demonstranten attackierten Polizisten, um Festnahmen zu verhindern. Es gab viele Bilder von blutüberströmten Menschen.

Im Innenministerium trat ein Krisenstab zusammen. Die Lage sei unter Kontrolle, teilten die Behörden staatlichen Medien zufolge mit.

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