Regierung im Libanon kündigt Rücktritt an
Der libanesische Ministerpräsident Hassan Diab will nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut seinen Rücktritt erklären. Das teilte Gesundheitsminister Hassan Hamad am Montag nach einer Kabinettssitzung mit, wie der lokale Sender MTV meldete. Zuvor war der Druck auf Diab immer mehr gestiegen, bei massiven Anti-Regierungsprotesten war es zu Gewaltausbrüchen gekommen.
Zuvor hatten bereits vier Minister ihren Rücktritt verkündet. Viele Libanesen machen die Regierung für die verheerende Explosion am vergangenen Dienstag mit mindestens 160 Toten und mehr als 6.000 Verletzten verantwortlich. Sie soll durch große Mengen der hochexplosiven Chemikalie Ammoniumnitrat ausgelöst worden sein, die dort über Jahre ohne Sicherheitsvorkehrungen lagerten. Die Ermittlungen zur genauen Ursache der Katastrophe laufen jedoch noch.
Eine Trauer- und Protestkundgebung im Zentrum Beiruts war am Wochenende in Gewalt und Chaos umgeschlagen. Aufgebrachte Demonstranten wollten Absperrungen zum Parlament durchbrechen, Sicherheitskräfte setzen massiv Tränengas ein. Über Stunden kam es zu Zusammenstößen. Ein Polizist wurde nach offiziellen Angaben getötet, mehr als 200 Menschen erlitten Verletzungen. Aufgebrachte Demonstranten stürmten mehrere Ministerien.
Diab hatte erst im Jänner nach einer monatelangen Hängepartie das Amt des Regierungschef in dem Land am Mittelmeer übernommen. Er folgte auf Saad Hariri, der nach Massenprotesten Ende Oktober zurückgetreten war. Diabs Regierung wird unter anderem von der Iran-treuen Hisbollah unterstützt, die im Libanon extrem mächtig ist. Wegen einer schweren Wirtschaftskrise und der Corona-Pandemie sind in seiner Amtszeit große Teile der libanesischen Bevölkerung in die Armut abgerutscht.
Die nächste Wahl stünde Libanon eigentlich erst 2022 an. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass auch eine vorgezogene Neuwahl des Parlaments die Lage nicht beruhigen kann. Die Demonstranten verlangten bei den Protesten weitgehende politische Reformen.
Entsprechende Forderungen sind auch aus dem Ausland zu hören. So will der Internationale Währungsfonds (IWF) dem Libanon mit einem Rettungspaket helfen, verlangt dafür aber eine politische Einigung auf umfassende Reformen. Die Finanzorganisation sei bereit, ihre Bemühungen zu verdoppeln, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa.
Der Iran warnte ausländische Staaten vor einer Einmischung im Libanon. „Die Explosion war ein großer und bitterer Vorfall und es ist daher verständlich, dass die Menschen aufgebracht sind und Konsequenzen fordern“, sagte Außenamtssprecher Abbas Mussawi. Es gebe aber auch Anzeichen für Provokationen seitens ausländischer Staaten und Gruppen, die ihre eigenen illegitimen politischen Ziele im Libanon verfolgten. „Das ist inakzeptabel“, sagte der Sprecher.