Libanons Regierung tritt zurück
Die libanesische Regierung tritt nach der Explosionskatastrophe in Beirut vergangene Woche zurück. Das teilte Ministerpräsident Hassan Diab am Montag mit. Er erklärte ferner, man stehe geeint mit dem Volk im Ruf nach Gerechtigkeit für „dieses Verbrechen“. Nach der verheerenden Explosion am vergangenen Dienstag waren die Forderungen nach einem Rücktritt der Regierung lauter geworden.
Mehrere Minister haben bereits ihre Hüte genommen. Am Wochenende war es zu gewalttätigen Protesten gekommen, bei denen der Regierung unter anderem Korruption und Misswirtschaft vorgeworfen wurden. Auch am Montag kam es in der Hauptstadt Beirut zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Demonstranten versuchten, eine Betonabsperrung zum Parlament im Zentrum der Stadt zu überwinden. Dabei warfen sie auch Steine. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein, um die Menge zu vertreiben.
Durch die Explosionskatastrophe am vergangenen Dienstag wurden mindestens 160 Menschen getötet und tausende weitere verletzt. 300.000 Menschen wurden durch das Unglück obdachlos. Nach Regierungsangaben waren 2.750 Tonnen Ammoniumnitrat explodiert, das jahrelang ungesichert gelagert worden war. Die genauen Ursachen der Explosionen sind noch unklar.
Diab hatte erst im Jänner nach einer monatelangen Hängepartie das Amt des Regierungschef in dem Land am Mittelmeer übernommen. Er folgte auf Saad al-Hariri, der nach Massenprotesten Ende Oktober zurückgetreten war. Diabs Regierung wird unter anderem von der Iran-treuen Hisbollah unterstützt, die im Libanon extrem mächtig ist. Wegen einer schweren Wirtschaftskrise und der Corona-Pandemie sind in seiner Amtszeit große Teile der libanesischen Bevölkerung in die Armut abgerutscht.
Diab hatte am Wochenende zunächst angekündigt, dem Kabinett in seiner Sitzung an diesem Montag eine vorgezogene Neuwahl vorzuschlagen. Damit wollte er die Lage beruhigen. Die nächste Abstimmung über das Parlament stünde im Libanon eigentlich erst 2022 an. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass auch eine vorgezogene Neuwahl des Parlaments die Lage nicht beruhigen kann. Die Demonstranten verlangten bei den Protesten weitgehende politische Reformen.
Entsprechende Forderungen sind auch aus dem Ausland zu hören. So will der Internationale Währungsfonds (IWF) dem Libanon mit einem Rettungspaket helfen, verlangt dafür aber eine politische Einigung auf umfassende Reformen. Die Finanzorganisation sei bereit, ihre Bemühungen zu verdoppeln, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa.