Studien zu strittigem Festival-Logo der Festspiele Salzburg

Die Salzburger Festspiele haben im Jubiläumsjahr zwei Forschungsprojekte zum Leben und künstlerischen Werk von Leopoldine „Poldi“ Wojtek in Auftrag gegeben. Die Malerin und Grafikerin hat 1928 das bis heute gültige Festspiel-Logo gestaltet und mit ihrem Entwurf den „Wettbewerb um ein Symbol für die Salzburger Festspiele“ gewonnen. Sie gilt gleichzeitig aber als spätere Profiteurin des NS-Regimes.

So war Wojtek von 1932 bis 1941 mit dem Kunsthistoriker und SS-Offizier Kajetan Mühlmann verheiratet, der maßgeblich am Kunstraub der Nationalsozialisten in Europa beteiligt war. Der gebürtige Pinzgauer war ab Mitte der 1920er-Jahre bei den Festspielen im Bereich der Werbung tätig und soll Wojtek zahlreiche Aufträge verschafft haben.

Auch der Vater der Grafikerin (1903-1978), Josef Wojtek, trat im Zusammenhang mit Arisierungen und NS-Enteignungen in Erscheinung. Er war als Beamter für konfiszierte Repräsentationsgebäude in Salzburg zuständig. 1938 wurde er etwa zum kommissarischen Leiter des Schlosses Leopoldskron bestellt, nachdem Festspielgründer Max Reinhardt enteignet worden war. 1943 schenkte er seiner Tochter das von ihm erworbene arisierte Atelierhaus der Malerin Helene von Taussig. Diese wurde 1942 nach Polen deportiert und dort ermordet.

Die Initiative „Memory Gaps - Erinnerungslücken“ der Künstlerin Konstanze Sailer hat sich in den vergangenen Jahren eingehend mit Wojtek beschäftigt. „Sie hatte bis zu unserer Recherche so gut wie keine offizielle Biografie und stellte daher - sehr österreichisch - für gar niemanden irgendein ein Problem dar“, sagte der Sprecher der Gruppe zur APA. „Poldi Wojtek ging mit der Zeit. Insbesondere während der 1930er-Jahre war sie jedoch weder ahnungslos noch unpolitisch“, heißt es auf der Homepage der Initiative. 1938 entwarf die Grafikerin etwa einen Gobelin mit NS-Reichsadler- und Hakenkreuzmotiv für das Ärztehaus in Linz. Und für „Memory Gaps“ ist eindeutig belegt, dass sie 1936 ein auflagenstarkes propagandistisches Kinderbuch illustrierte, das die Lebensgeschichte Adolf Hitlers idealisierte.

An ihrem Markenzeichen wollen die Salzburger Festspiele ob dieser Erkenntnisse derzeit aber nicht rütteln. „Wir glauben, dass es keinen Grund gibt, dieses künstlerisch zeitlos gültige Logo zu ersetzen“, sagte Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler am Freitag zur APA. „Das Logo wurde 1928 von einer Kommission ausgesucht, in der auch Festspielgründer Max Reinhardt gesessen ist. Zu dieser Zeit konnte niemand ahnen, dass die Gewinnerin des Wettbewerbs später einmal mit den Nazis sympathisieren oder mit Kajetan Mühlmann verheiratet sein sollte.“

Als die Nazis die Macht übernahmen, habe das Logo auch von allen Festspiel-Publikationen verschwinden müssen. „In der ganzen NS-Zeit, von 1938 bis 1944, gibt es keinen Prospekt und keinen Folder mit diesem Logo. Offenbar wollte das Regime kein Logo verwenden, das Max Reinhardt ausgewählt hatte“, erklärte Rabl-Stadler. Erst die Amerikaner brachten es für die ersten Nachkriegsfestspiele 1945 wieder zurück. „Die Festspiele als Friedensprojekt - das gibt dem Logo noch zusätzliche Kraft.“

Zugleich gebe es aber eine Verpflichtung, sich der Geschichte zu stellen und mögliche Schattenseiten zu beleuchten, sagte die Präsidentin. Das Festival hat darum den Zeithistoriker Oliver Rathkolb beauftragt, die persönliche und kulturpolitische Sozialisation von Poldi Wojtek vor 1933, ihre Beziehungen als Poldi Wojtek-Mühlmann zum Nationalsozialismus sowie ihren weiteren Werdegang nach 1945 zu durchleuchten. Zugleich soll sich die Designhistorikerin Anita Kern dem künstlerischen Umfeld von Wojtek in der Zwischenkriegszeit sowie im „Dritten Reich“ widmen und eine designhistorische Einordnung des Festspiellogos vornehmen.

Die Ergebnisse der beiden Studien sollen im Rahmen eines Symposiums am 23. Oktober 2020 präsentiert werden.

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