Nawalny mit Nervenkampfstoff Nowitschok vergiftet
Der russische Regierungskritiker Alexej Nawalny ist mit dem chemischen Nervenkampfstoff Nowitschok vergiftet worden. Die Untersuchungen eines Speziallabors der deutschen Bundeswehr hätten den „zweifelsfreien Nachweis“ darüber erbracht, teilte die deutsche Regierung am Mittwoch mit. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ist sich sicher, dass Nawalny „zum Schweigen gebracht werden“ sollte.
Es sei sicher, dass Nawalny „Opfer eines Verbrechens“ geworden sei, sagt Merkel am Nachmittag in Berlin. „Wir erwarten, dass die russische Regierung sich zu diesem Vorgang erklärt“, sagte Merkel. „Es stellen sich jetzt sehr schwerwiegende Fragen, die nur die russische Regierung beantworten kann und beantworten muss.“
Das Untersuchungsergebnis könnte die ohnehin schon schwer angeschlagenen Beziehungen zwischen Russland und Deutschland sowie anderen westlichen Staaten noch einmal massiv erschüttern. Ein Nervengift der Nowitschok-Gruppe wurde auch bei der Vergiftung des ehemaligen russischen Doppelspions Sergej Skripal und seiner Tochter Julia im britischen Salisbury 2018 verwendet. Die beiden überlebten nur knapp.
Das deutsche Auswärtige Amt will den Botschafter Russlands über die Untersuchungsergebnisse unterrichten. „Ferner wird die Bundesregierung mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) Kontakt aufnehmen“, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert. „Die Bundesregierung verurteilt diesen Angriff auf das Schärfste. Die russische Regierung ist dringlich aufgefordert, sich zu dem Vorgang zu erklären“, sagte er.
Der Gesundheitszustand des russischen Kreml-Kritikers Nawalny ist nach Angaben der Berliner Charite weiterhin ernst. Zwar gingen die Symptome der nachgewiesenen Vergiftung zurück, Nawalny liege aber nach wie vor auf der Intensivstation und werde maschinell beatmet. Es sei mit einem längeren Krankheitsverlauf zu rechnen. Langzeitfolgen der schweren Vergiftung seien nicht auszuschließen.
In einer ersten Reaktion sagte ein Sprecher des russischen Präsidialamtes, die Regierung in Moskau sei über die Erkenntnisse in Deutschland nicht informiert worden. Nawalny wird seit dem 22. August in der Berliner Charite behandelt. Der Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin war am 20. August auf einem Inlandsflug in zusammengebrochen. Zunächst wurde er im sibirischen Omsk behandelt, bevor er nach Deutschland geflogen wurde. Russische Ärzte hatten erklärt, dass sie keine Hinweise auf eine Vergiftung gefunden hätten. Die Charite teilte wenige Tage nach Nawalnys Eintreffen dagegen mit, dass sie Spuren von Gift in dessen Körper festgestellt habe.