EU-Gipfel machte Weg für neue Sanktionen gegen Belarus frei
Der Weg für EU-Sanktionen gegen Unterstützer des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko ist nach einer wochenlangen Blockade frei. Zypern zog in der Nacht auf Freitag beim EU-Gipfel in Brüssel sein Veto gegen die geplanten Strafmaßnahmen zurück, nachdem der Gipfel beschloss, im Gasstreit im Mittelmeer die Sanktionsdrohungen gegen die Türkei aufrecht zu erhalten. Die Maßnahmen gegen Minsk sollen nach Worten von Ratschef Charles Michel sofort in Kraft gesetzt werden.
Mit den Sanktionen will die EU zusätzlichen Druck auf die Führung in Belarus (Weißrussland) aufbauen und ein Zeichen der Solidarität mit den Menschen in dem Land setzen. In der ehemaligen Sowjetrepublik gibt es seit der Präsidentenwahl am 9. August Proteste und Streiks gegen den autoritären Staatschef Lukaschenko, der bereits 26 Jahre an der Macht ist.
Die EU-Sanktionen sollen nach dem derzeitigen Planungsstand 40 Personen treffen, denen eine Beteiligung an Wahlfälschungen oder der gewaltsamen Niederschlagung von friedlichen Protesten vorgeworfen wird. Lukaschenko selbst soll zunächst nicht darunter sein. Grund ist, dass dies die diplomatischen Bemühungen zur Beilegung des Konflikts erschweren könnte und der EU die Möglichkeit nehmen würde, ihren Kurs noch einmal zu verschärfen.
Die Sanktionspläne waren zuletzt blockiert, weil Zypern seine Zustimmung daran gekoppelt hatte, dass die Europäische Union auch neue Sanktionen gegen die Türkei verhängt. Zypern und Griechenland fordern von der EU seit langem, schärfer auf von ihnen als illegal erachtete türkische Erdgaseerkundungen im östlichen Mittelmeer zu reagieren. Andere Staaten sind allerdings der Ansicht, dass dies laufende Vermittlungsbemühungen erschweren könnte. Sie wollen abwarten, bevor sie neuen Türkei-Sanktionen zustimmen.
Der Gipfel einigte sich jetzt darauf, dass die EU ihre Sanktionsdrohungen gegen die Türkei aufrecht hält. Im Fall neuer einseitiger Maßnahmen aus Ankara sollen alle möglichen Instrumente und Optionen genutzt werden, wie aus den Schlussfolgerungen hervorgeht. Zugleich verspricht die EU der Türkei unter anderem, die Arbeiten am Ausbau der Zollunion fortzusetzen, wenn sich die Lage dauerhaft beruhigen sollte.
Mit dieser Formel reagieren die EU-Staaten darauf, dass es zwar im Konflikt zwischen der Türkei und Griechenland zuletzt mehrere Entspannungssignale gab, nicht aber im Streit zwischen der Türkei und Zypern. Griechenland und Zypern verlangen wegen der Erdgaserkundungen der Türkei seit langem eine stärkere Unterstützung der EU-Partner. Aus Ärger über die bisherige Zurückhaltung der EU bei weiteren Sanktionen hatte Zypern bisher die geplanten EU-Sanktionen gegen ranghohe Unterstützer des belarussischen Staatschefs Alexander Lukaschenko blockiert. Erst das klare Festhalten an Sanktionsdrohungen bewegte das Land nun beim Gipfel zum Einlenken.
Nach der Einigung solle umgehend ein schriftliches Verfahren für den formlichen Beschluss folgen, sagte Michel bei einer Pressekonferenz nach dem ersten Tag des EU-Sondergipfels. Das sei ein klare Signal der Glaubwürdigkeit der EU. Kommissionschefin Ursula von der Leyen ergänzte, sie sei froh, dass der Weg für die Sanktionen nun endlich frei sei.
Ebenso erfreut zeigte sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), dass es „erstmals klare Sanktionsdrohungen in Richtung Türkei“ gebe, wenn diese „weiterhin Völkerrecht bricht“. Das sei ein „wichtiges Zeichen der Solidarität gegenüber Griechenland und Zypern“, sei aber auch notwendig, um der Türkei zu zeigen, dass die EU bereit sei, entschlossen zu reagieren, falls die Türkei ihr Verhalten nicht ändere, so Kurz.