Gezerre um Grippe-Impfung und Corona-Tests in Tirol
Tirols Hausärzte warten noch auf im Frühjahr bestellte Influenza-Impfstoffe. Gleichzeitig ist seit der Reisewarnung Deutschlands in den Labors die Nachfrage privater Tests massiv gestiegen.
Von Liane Pircher
Innsbruck – Der Herbst ist da, die Grippe-Saison damit vor der Tür. Nur teilweise da sind allerdings jene Influenza-Impfstoffe, die Tirols Hausärzte im Frühjahr bestellt haben: „Keiner von uns weiß, ob und in welchem Umfang nachgeliefert wird“, erklärt Herbert Bachler, Hausarzt und Präsident der Tiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin. Fakt ist, dass wesentlich weniger geliefert worden ist, als bestellt wurde. Ein Rundruf der TT bei Hausärzten ergibt, dass viele verärgert sind, manche vermuten sogar, dass Impfdosen zurückgehalten wurden – etwa vom Land Tirol.
Dort stellt man seitens der Öffentlichkeitsstelle klar, dass das Land alle Möglichkeiten ausschöpfen werde, um weitere Impfdosen für Tirol lukrieren zu können. Fakt ist, dass die Impfstoffe für verschiedenste Einsätze aus unterschiedlichen Kanälen bezogen werden. Ursprünglich ging man davon aus, dass von den 1,1 Millionen für Österreich bestellten Impfdosen etwa 70.000 Dosen nach Tirol gehen (die TT berichtete). Jetzt sieht es so aus, dass 40.000 Dosen dem freien Markt und damit den Apotheken gehören, für das kostenlose Gratis-Influenza-Impfung-Programm bei Kindern sind 30.000 Dosen konzipiert und für die Risikogruppe der Personen über 65 in Heimen rund 9000.
Die Beschaffung für die Impfaktionen läuft über die Bundesbeschaffungsagentur (Bund) und wird vom öffentlichen Gesundheitsdienst ausgegeben. Von Seiten des Landes Tirol werden aus diesem Segment keine Impfungen bezogen. Eine kostenlose Influenza-Impfung wie in Wien fordert Bachler. In Wien hat die Gratis-Impfung bei Erwachsenen bereits begonnen, für Tirol gibt es noch keinen konkreten Termin zum Start der Gratis-Influenza-Impfungen für Kinder. Die Lieferung soll laut Land erst ab Mitte Oktober in Tranchen erfolgen, verabreicht dann durch Haus- und Kinderärzte.
Für Bachler ist angesichts der Lage klar, dass die zur Verfügung stehenden Dosen die Nachfrage nicht abdecken werden können. Deshalb appelliert er, wie es bereits Ärztekammer-Präsident Artur Wechselberger kürzlich getan hat: „Es ist wichtig, Gefährdeten den Vortritt zu geben.“ Zuerst geimpft werden sollten u. a. Senioren, chronisch Kranke, beruflich Exponierte und Schwangere – gesunde Erwachsene nur nach Möglichkeit der Ressourcen.
Nachfrage auf PCR-Tests massiv gestiegen
Abseits der Influenza-Impfungen geht es seit Tagen in vielen Labors rund. Seit der deutschen Reisewarnung ist die Nachfrage auf PCR-Tests massiv gestiegen. Nicht zuletzt, weil viele für eine Einreise in Deutschland einen negativen PCR-Test brauchen. „Gleich mit Beginn der Reisewarnung am Freitag liefen die Telefone heiß“, sagt Mikrobiologe Johannes Möst, der ein Labor in Innsbruck betreibt. Ein Rundruf in mehreren Labors zeigt: Im Schnitt werden in den Labors 90 Euro für einen PCR-Test verlangt, ein Abstrich plus PCR-Test kostet 120 Euro. Nicht in jedem Labor werden automatisch Abstriche gemacht. Patienten berichten davon, dass es auch andere Preise gibt – etwa, wenn man ein „schnelles“ Ergebnis wolle. Da kann es vorkommen, dass ein Test bis zu 200 Euro kostet.
Einen Gratis-Test bekommt nur, wer behördlich oder im Verdachtsfall über eine Screening-Straße getestet wird – alle anderen müssen privat bezahlen. Außer im Tourismus, da übernehmen Hoteliers die Kosten für Gäste bzw. das Ministerium zahlt Tests für Mitarbeiter. Dieses Programm läuft bis Ende Oktober, dann wird evaluiert. Seit dem Einsatz mobiler CoV-Testlabore sei man in der Auswertung wesentlich schneller geworden, sagt Elmar Rizzoli vom Corona-Einsatzstab: „Seit dem Wochenende sind alle Ergebnisse tagesaktuell, jetzt sind 6000 Tests am Tag zu schaffen.“
Kritik an Goldgräberstimmung in Sachen Tests
Ein Anbieter plant zudem mit mobilen Test-Trucks eine „Tour durch Tirol“ – dort können sich Private ortsunabhängig testen lassen. Dass in Sachen Tests eine Art Goldgräberstimmung herrscht, ist nicht abzustreiten. Kritisch in Sachen Qualität sieht das Gernot Walder, der ein mikrobiologisches Labor in Osttirol betreibt: „Diese Goldgräberstimmung gibt es schon länger und sie wurde von außen befeuert. Ich würde mir wünschen, wenn da eine Linie von der Behörde reinkommen würde. Es geht um eine Krise, wo es um viel geht. Testen sollten nur einschlägig ausgebildete Fachärzte.“
Ähnlich sieht es Mikrobiologe Möst, sagt aber gleichzeitig: „Es kann sein, dass wir in einem Jahr gar nicht mehr viele PCR-Tests machen. Vielleicht, weil es neue Methoden gibt oder Antigen-Tests akzeptiert werden, wenn man wohin will. Das wäre billiger und einfacher, wenn die Qualität stimmt.“ Fakt sei, dass unabhängig von der Methode jeder Test nur eine Momentaufnahme ist.