Empörung in der arabischen Welt über Äußerungen Macrons

Äußerungen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zum Islam sorgen in der arabischen Welt für Empörung. In mehreren muslimischen Ländern gingen am Wochenende Hunderte Menschen auf die Straßen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan forderte Macron gar auf, seinen „Geisteszustand überprüfen zu lassen“. Macron hatte dem Islam kürzlich bescheinigt, in einer „Krise“ zu stecken und nach dem islamistischen Anschlag auf einen Lehrer klare Worte gegen Extremismus gefunden.

Der Pädagoge Samuel Paty war am Freitag vor einer Woche von einem 18-jährigen Attentäter tschetschenischer Herkunft enthauptet worden, weil er seinen Schülern Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt hatte, um das Thema Meinungsfreiheit zu illustrieren. In einer nationalen Gedenkfeier für Paty hatte Macron am Mittwoch gesagt: „Wir werden Karikaturen und Zeichnungen nicht aufgeben.“ Nach dem Anschlag ging die französische Polizei in Dutzenden Einsätzen gegen Menschen und Vereinigungen vor, die mutmaßlich dem islamistischen Spektrum angehören oder ihm nahe stehen.

Macrons Äußerungen über Islamisten und die Karikaturen sorgten in Teilen der islamischen Welt für Entrüstung. Pakistans Regierungschef Imran Khan warf Macron am Sonntag vor, den „Islam zu attackieren“. In Libyen fanden Samstag und Sonntag kleinere Proteste statt, in Syrien und im Gazastreifen wurden Porträts von Macron verbrannt.

Vor der Residenz des französischen Botschafters in Israel demonstrierten zudem am Samstagabend rund 200 Menschen gegen Macron. In einigen Ländern schlossen sich die Demonstranten dem Aufruf ihrer Regierungen zum Boykott französischer Produkte an.

Am Sonntag rief das französische Außenministerium die Regierungen der Länder auf, die Boykottaufrufe „einzustellen“. Zudem sollten sie zeigen, dass die Aufrufe von einer „radikalen Minderheit“ kämen.

Darüber hinaus setzte Macron am Sonntagabend mehrere Nachrichten auf Twitter ab, die auch auf Englisch und Arabisch veröffentlicht wurden. „Freiheit, wir schätzen sie; Gleichheit, wir garantieren sie; Brüderlichkeit, wir leben sie mit Intensität. Nichts wird uns jemals zum Rückzug zwingen“, schrieb der Staatschef. In einem weiteren Tweet fügte er hinzu: „Wir werden weitermachen. Wir werden immer auf der Seite der Menschenwürde und der universellen Werte stehen.“

Zuvor hatte Paris den französischen Botschafter in der Türkei zu Konsultationen zurückgerufen, nachdem der türkische Staatschef in einer Rede Macrons Geisteszustand angezweifelt hatte. Damit solle ein „sehr starkes Signal“ an Ankara gesendet werden, hieß es aus Macrons Umfeld. „Die Äußerungen von Präsident Erdogan sind inakzeptabel“, erklärte die französische Präsidentschaftskanzlei. „Maßlosigkeit und Grobheit sind keine Methode.“

Am Sonntag reagierte auch die EU auf Erdogans Aussagen. Die Äußerungen seien „inakzeptabel“, schrieb der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell auf Twitter. Die Türkei müsse „diese gefährliche Spirale der Konfrontation beenden“.

Dessen ungeachtet legte Erdogan noch einmal nach. Macron sei „ein Fall und muss sich deshalb wirklich untersuchen lassen“, sagte Erdogan bei einer Rede im Osten der Türkei. Zudem warf er Macron vor, es auf ihn abgesehen zu haben. Der französische Staatschef sei „Tag und Nacht von Erdogan besessen“.

Die Beziehungen zwischen Frankreich und der Türkei sind zuletzt durch mehrere Themen stark belastet worden. So warf Macron der türkischen Regierung unter anderem massive Einmischung in den Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien um die Südkaukasus-Region Berg-Karabach vor. Auch hat Macron im Konflikt um Gasvorkommen im östlichen Mittelmeerraum scharfe Warnungen an Erdogan gerichtet.

„Der islamistische Terrorakt in Paris hat uns zutiefst erschüttert“, betonte Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) am Sonntagabend via Twitter. „Aber auch in Österreich gab es zahlreiche Fälle, die extremistisches Gedankengut offenbart haben. Wir werden nun konsequent dagegen vorgehen und die Tschetschenen-Szene in Österreich ganz genau durchleuchten.“ Diese Aussagen Raabs sorgten auf Sozialen Netzwerken für eine Debatte. Ex-Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) etwa kritisierte: Eine ganze Bevölkerungsgruppe zu stigmatisieren, „ist ein verantwortungsloses Spiel mit dem Feuer. Einer österreichischen Regierung so unwürdig wie Trump den USA.“

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