Thiem über Wien-Titel: Nicht „mission impossible“, aber fast

Wie andere Auftakt-Matches beim Tennisturnier Erste Bank Open hat jene von Dominic Thiem von den Namen her Finalpotenzial. Der frühere Top-Ten-Mann Kei Nishikori stand nicht nur in Wien 2018 im Endspiel, sondern auch etwa in jenem der US Open 2014. Seinen damaligen Bezwinger Marin Cilic sieht Thiem ähnlich gefährlich wie Nishikori. „Er ist sicher eine der besten Spieler vom letzten Jahrzehnt - so ein Spieler ist an jedem Tag gefährlich“, sagte Thiem vor der Dienstag-Partie.

Cilic hatte Thiem zuletzt zweimal im Griff - sowohl in der dritten Runde der US Open als auch zum Auftakt der French Open. Gegen Nishikori hat der Weltranglistendritte eine 2:3-Bilanz stehen - seine Siege stammen von den French Open und den ATP Finals, jeweils 2018. Dazwischen lag die empfindliche 3:6,1:6-Niederlage im Wien-Viertelfinale, womit ein weiterer Anlauf des Publikumslieblings auf einen Wien-Titel endete. Im Jahr darauf gelang aber der Coup.

Nishikori wiederum ist aktuell nur auf Platz 36 der Weltrangliste zu finden. Heuer ist er nur auf Sand angetreten, das „Cincinnati“-Event in New York sowie die US Open verpasste der 30-Jährige nach einem positiven Corona-Test. Sein bisher letztes Hartplatz-Event waren die US Open 2019, danach setzte ihn eine Ellbogenverletzung außer Gefecht. Von seinen vier bestrittenen Turnieren 2020 nahm der Asiate nur aus Rom und den French Open je einen Match-Sieg mit.

Thiem lässt sich davon aber nicht täuschen. „Solche Spieler sind immer gefährlich, weil er ewig lang in den Top Ten war“, erklärte Thiem. „Solche Spieler können immer wieder von einer Woche auf die andere in richtig guter Form spielen.“

Er selbst sei aber auch bereit. „Der Akku ist ziemlich voll, ich habe auch lange Zeit nichts gemacht. Nach den letzten Wochen habe ich Zeit gebraucht zum Erholen, zum Reflektieren“, erinnerte der Lokalmatador an seine Zeit in den „Blasen“ der Grand Slams von New York und Paris.

Er sei bekannt dafür, dass er nicht immer gut in ein Turnier hineinstarte. „Aber das wird nötig sein. Das habe ich im letzten Jahr auch geschafft.“ Damals gelang Thiem ein Zweisatz-Auftaktsieg gegen Jo-Wilfried Tsonga (FRA), der wohl auch in die Kategorie von Cilic und Nishikori einzureihen ist. Thiem werde jedenfalls schauen, dass er mit 100 Prozent aus den Startlöchern komme. „Das Wichtigste ist, dass ich voll da bin von Beginn an. Ich will wieder so gut wie möglich da spielen, wieder um den Titel mitspielen.“

Dass ihn Nishikori überraschen kann, glaubt er nicht. Es sei da auch nicht nötig, den Gegner sehr viel auf Video zu studieren. „Ich weiß, wie er spielt circa. Da gilt es, ihn nicht zu sehr zu zerpflücken, sondern voll auf mich selber zu fokussieren und eine sehr, sehr gute Leistung zu bringen.“

Seit eineinhalb Wochen sei Thiem nun wieder im Training, die Zeit zum Zurückschauen sei nun vorbei. „Es ist Zeit, dass ich mir neue Ziele stecke. Das Heimturnier ist perfekt dafür.“ Die Erinnerungen an den Triumph vom Vorjahr sind natürlich noch präsent. „Der emotionalste Titel in meiner Karriere. Ein Kindheitstraum ist wahr geworden. Als Titelverteidiger zu starten, ist immer speziell. Aber dieses Jahr ist es unwirklich bei dem starken Feld. Es ist keine ‚Mission Impossible‘, aber fast.“

Den Center Court hat Thiem seit Samstag inspiziert, am Sonntag auch mit dem topgesetzten Serben Novak Djokovic. „Medium Tempo würde ich sagen - nicht zu schnell, nicht zu langsam. Es ist alles angerichtet für Super-Tennis“, vermeldete er. Da störe es auch nicht so, dass diesmal klar weniger Preisgeld im Spiel ist. Das sei sozusagen sogar ein Vorteil von Corona. „Es wird eine Zeit dauern, bis das wieder nach oben geht. Wenn sich das in der gesunden Mitte einpendelt, wäre das für alle Beteiligten eine gute Sache.“ Thiem meinte damit die zuletzt rasanten Preisgeld-Anstiege im Tennis, aber auch im Fußball und einigen US-Sportarten. „Es ist schwer vorstellbar, dass das immer so weitergeht.“

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