Nationalfeiertag - Pandemie dominiert Festakt am Heldenplatz
Die Coronapandemie hat - wenig überraschend - optisch und inhaltlich den Festakt am Heldenplatz anlässlich des Nationalfeiertags dominiert. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) stellte die Bevölkerung auf harte Herbst- und Wintermonate und bevorstehende „Anstrengungen“ ein: „Die nächsten Monate werden ein Kraftakt für uns alle.“ Der Festakt fand in einer sehr abgespeckten Form statt.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen appellierte an den Zusammenhalt, denn „wir sitzen gemeinsam in einem Boot auf sehr unruhiger See“. Die SPÖ fordert angesichts des Nationalfeiertags einen „nationalen Kraftakt“ zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. „Die Regierung muss die zentrale Verantwortung im Krisenmanagement übernehmen. Moderieren allein ist zu wenig“, sagte SP-Chefin Pamela Rendi-Wagner via Facebook. Außerdem gelte es sorgsam abzuwägen zwischen dem Schutz der Gesundheit und dem Schutz der der Freiheitsrechte.
Kritik an der Inszenierung der Feierlichkeiten kam von der FPÖ. „Die Regierung und der Bundespräsident absolvieren am heutigen Nationalfeiertag ihr Standardprogramm“, die Bevölkerung müsse aber daheimbleiben, kritisierte FP-Klubchef Herbert Kickl in einer Aussendung. Er forderte die Regierung auf, die Österreicher auf ein Leben mit dem Coronavirus vorzubereiten und die Gesundheitsversorgung auszubauen.
Die NEOS plädierten angesichts des Nationalfeiertags einmal mehr für ein gemeinsames europäisches Heer. Die Neutralität sei früher notwendig gewesen, meinte Vizeklubchef Nikolaus Scherak im ORF, aber: „Es ist ganz einfach so, dass sich die Welt weiter entwickelt hat.“ Dieser Diskussion müsse man sich stellen.
Sowohl die traditionelle Leistungsschau des Bundesheeres, die sich zum 25. Mal gejährt hätte, als auch Führungen durch die Hofburg, das Parlament und die Ministerin fanden nur online statt oder fielen überhaupt aus. Lediglich die Kranzniederlegungen durch den Bundespräsidenten und die Bundesregierung wurden wie üblich abgehalten. Die ebenfalls traditionelle Angelobung von Rekruten fand eingeschränkt statt, es wurden nur zwölf statt wie ursprünglich geplant 300 Rekruten angelobt. Auch das Wetter spielte nicht ganz mit, der Überflug von drei Eurofightern und vier Saab 105 war aufgrund der dichten Wolkendecke nur zu hören, aber nicht zu sehen. Der Heldenplatz wurde großräumig abgeriegelt, um die wenigen Zuschauer, die gekommen waren, auf Abstand zu halten.
Van der Bellen grüßte explizit jene Rekruten, deren Angelobung am Heldenplatz abgesagt wurde und appellierte an den Zusammenhalt. „Wir müssen zusammenhalten, um gut durch dieses Unwetter zu kommen.“ Solange es keinen Impfstoff gibt, sei das beste Rezept zur Überwindung dieser Pandemie der Zusammenhalt. „Das Aufeinander-Schauen. Das gegenseitige Helfen. Diese sehr österreichischen Eigenschaften, sie helfen uns jetzt in der Pandemie“, sagte der Bundespräsident.
Kanzler Kurz erinnerte zunächst an die Bedeutung des heutigen Nationalfeiertags. „Der Friede, die Freiheit und der Wohlstand, den wir oft als selbstverständlich erachten, ist in Wahrheit alles andere als selbstverständlich.“ Den großen Teil seiner Rede widmete er aber der Coronapandemie. „Diese Krise ist, ohne Zweifel, eine der härtesten Herausforderungen, die wir als Gesellschaft seit dem zweiten Weltkrieg zu meistern haben.“
„Ich weiß, diese Krise verlangt uns allen viel ab.“ Viele seien „erschöpft, wollen von Corona nichts mehr hören und können einfach nicht mehr“. Ihnen wolle er als Staatsbürger sagen: „Ich verstehe das. Auch ich möchte keine Maske tragen müssen, keine Einschränkungen erdulden und Feste feiern, wenn es mir danach ist“. Aber als Regierungschef sei es nicht seine Aufgabe, zu sagen, was manche hören wollen. „Daher muss ich Ihnen leider sagen: Wer werden noch viele Monate mit dem Virus leben müssen. Wir werden durchhalten müssen, bis ein Impfstoff uns eine Rückkehr zur Normalität möglich macht.“ Wenn Frust, Unmut oder Wut stärker werden, solle man sich daran erinnern, „dass diese Krise nicht von Dauer ist und ein Ende absehbar ist“.
Der Kanzler lobte alle Institutionen des Landes und besonders das österreichische Bundesheer, das „in dieser Krise Großes“ geleistet habe. „Die letzten Monate haben wiedermal gezeigt: Ohne ein funktionierendes Bundesheer sind Krisen wie diese nicht zu bewältigen.“ Die Ausstattung des Heeres werde für die Regierung daher eine Priorität bleiben.
Auch Verteidigungsministerin Tanner bedankte sich bei den Soldaten des Bundesheeres für ihre Leistungen. Beginnend mit der ersten Welle haben tausende Soldaten an der Bewältigung der Krise gearbeitet und Millionen von Arbeitsstunden geleistet. Und jetzt, „mitten in der zweiten Welle, müssen wir feststellen, dass dieser Kampf noch lange nicht gewonnen ist und wir weiterhin unser Heer zur Bewältigung dieser Krise brauchen“.
Die Coronakrise und die damit verbundene erstmalige Aufbietung der Miliz hätten gezeigt, wie wichtig die Miliz sei und dass in diesem Bereich viel zu tun sei. „Die Miliz muss regelmäßig üben und auch personell gut ausgestattet sein.“ Dem Bundesheer obliege die militärische Landesverteidigung, das müsse auch in Zukunft so sein. Die Soldaten der Zukunft müssten aber viel mehr können als bisher. „Sie müssen für den digitalen Kampf und die Abwehr von Terrorangriffen oder auch Blackouts bereit sein“, so die Ministerin.
Aber es brauche auch ein Umdenken in der Gesellschaft. Aktuelle Umfragen zeigen, dass die Bereitschaft das Land zu verteidigen bei vielen Menschen sehr gering sei. „Dies ist ein drastisches Zeugnis und eine große gesellschaftliche Herausforderung. Diese umfassende Landesverteidigung müssen wir wieder zum Leben erwecken. Sie muss in Schulen, Unternehmen und sogar in den Familien stattfinden“, so Tanner.
Die Fernsehübertragung des Events durch den ORF wurde immer wieder durch Kurzfilme unterbrochen, in denen der österreichische Regisseur Stefan Ruzowitzky Grundwehrdiener vorstellte. Darunter auch ein in Tschetschenien geborener Soldat, der von seinen Kindheitserinnerungen an den Krieg in der russischen Teilrepublik berichtete und der Behindertensportler und Paralympics-Sieger Walter Ablinger.
Die Regierung beschloss indes in ihrer Ministerratssitzung mehrere Maßnahmen, mit denen der Milizdienst und der Grundwehrdienst beim Bundesheer attraktiver gemacht werden sollen. So bekommen Grundwehrdiener, die sich zur Miliz melden, künftig 400 Euro pro Monat zusätzlich. Bundeskanzler Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) kamen zu ihrem live im Fernsehen übertragenen Auftritt mit patriotischen rot-weiß-roten Masken.
„Es ist ein anderer Feiertag, ein Feiertag mit Einschränkungen“, sagte Kurz. Er appellierte gemeinsam mit Kogler an die Bevölkerung, weiter die Coronamaßnahmen einzuhalten. „Egal, ob man an Corona glaubt und es für gefährlich oder ungefährlich hält, jeder wird seinen Beitrag leisten müssen“, sagte Kurz. Kogler bedankte sich bei allen, die mithelfen und meinte: „Heimatliebe heißt in diesen Tagen auch Zusammenhalten“.
Inhaltlich wurden im Ministerrat zwei Themen besprochen. Die erste betraf die Attraktivierung des Miliz- und Grundwehrdienstes. „Die Pandemie hat uns neuerlich darauf aufmerksam gemacht, dass Stabilität und Sicherheit nur mit einem funktionierenden Bundesheere möglich ist“, so Kurz. Daher habe die Regierung eine Stärkung der militärischen Ausbildung im Grundwehrdienst und einen erleichterten Zugang zum Milizdienstdienst inklusive einer besseren finanziellen Entschädigung auf den Weg gebracht.
Als erstes sollen Grundwehrdiener künftig möglichst wenige Einschränkungen und Verkürzungen der Ausbildungszeit haben. Assistenzleistungen sollen so weit wie möglich reduziert werden und der Fokus der Ausbildung der Grundwehrdiener soll „klar auf der Einsatzfunktion und der Beorderung als Milizsoldat“ liegen. Spezielle Fähigkeiten von Grundwehrdienern wie etwa überdurchschnittliche IT-Kenntnisse sollen bestmöglich während des Grundwehrdienstes als auch in der Milizfunktion genutzt und weiter gefördert beziehungsweise ausgebaut werden.
Wer sich während des Grundwehrdienstes freiwillig zur Miliz meldet, verpflichtet sich, nach dem Grundwehrdienst 30 Tage Milizübungen zu absolvieren und bekommt im Gegenzug eine monatliche Anerkennungsprämie in der Höhe von etwa 400 Euro ab dem dritten Ausbildungsmonat.
Weiters soll die Milizkaderausbildung während des Präsenzdienstes attraktiviert werden. Soldaten, die eine freiwillige Meldung zu Milizübungen während des Grundwehrdienstes abgeben, können auch Teile der Milizkaderausbildung im Rahmen der Basisausbildung absolvieren. Gefördert wird dies durch ein weiteres finanzielles Anreizsystem von etwa 200 Euro monatlich.
Zudem sollen ab dem Frühjahr 2021 länger dauernde, fix planbare und sich über mehrere Wochen erstreckende Assistenzeinsätze, beispielsweise sicherheitspolizeiliche Assistenzleistungen an der Grenze, grundsätzlich nicht mehr durch Grundwehrdiener beschickt, sondern durch Berufs- oder Milizsoldaten geleistet werden. Nicht davon betroffen sind kurzfristig erforderliche Einsätze, beispielsweise Katastropheneinsätze oder Einsätze im Zuge der Coronapandemie.
Angekündigt wird auch eine Verbesserung der Stellungsstraßen (Stichwort: Stellung als Vorsorgeuntersuchung) und eine Stärkung der militärischen Ausbildung in Zuge des Grundwehrdienstes. Zudem sollen die digitale Mündigkeit und das Erkennen von Fake-News, die Integration durch bedarfsgerechte Deutschkurse und politische Bildung gefördert werden.