Frankreich fürchtet neuen Corona-Lockdown

Angesichts immer neuer Höchststände bei Corona-Neuinfektionen steht Frankreich offenbar vor einem neuen Lockdown: Innenminister Gerald Darmanin sagte am Dienstag vor einer Kabinetts-Krisensitzung, „harte Entscheidungen“ seien unausweichlich. Im Gespräch sind eine deutliche Ausweitung der nächtlichen Ausgangssperre oder ein zeitlich befristeter Lockdown. Eine nächtliche Ausgangssperre gilt ab Mittwoch in Tschechien, die Slowakei will indes die gesamte Bevölkerung durchtesten.

In Frankreich sagte der Vorsitzende des Corona-Beirats der Regierung, Jean-François Delfraissy, die Wissenschafter seien „von der Brutalität der Entwicklung der vergangenen zehn Tage überrascht worden“. Seit dem 17. Oktober gilt bereits eine Ausgangssperre zwischen 21.00 Uhr und 6.00 Uhr, die inzwischen auf 46 Millionen Bürger ausgeweitet wurde. Sie betrifft damit mehr als zwei Drittel der Bevölkerung.

Laut Delfraissy sind zwei Szenarien denkbar: Eine „massive“ Ausweitung der abendlichen Ausgangssperre oder ein direkter Lockdown. Anders als im Frühjahr könnte es nach seinen Angaben Schulen und bestimmten Wirtschaftszweigen erlaubt bleiben, unter strengen Auflagen zu öffnen. Präsident Emmanuel Macron will mit dem Kabinett bis Mittwoch über die verschärften Maßnahmen beraten. Premierminister Jean Castex trifft zudem Arbeitgeber und Gewerkschaften.

In Tschechien dürfen die Menschen von Mittwoch an zwischen 21.00 Uhr und 4.59 Uhr ihre Häuser nicht mehr verlassen, wie der demnächst aus dem Amt scheidende Gesundheitsminister Roman Prymula nach der Kabinettssitzung am Montagabend bekannt gab. Die bisherigen Maßnahmen hätten nur wenig Wirkung gezeigt, sagte der 56-Jährige.

Die slowakische Regierung will indes an den beiden kommenden Wochenenden fast die gesamte Bevölkerung des Landes auf das Coronavirus testen. Der nationale Corona-Krisenstab habe den Plan abgesegnet, nachdem eine Pilotphase am vergangenen Wochenende erfolgreich verlaufen sei, teilte Regierungschef Igor Matovic am Montagabend mit. Vom vergangenen Freitag bis Sonntag waren zunächst vier besonders stark von der Pandemie betroffene Bezirke an der polnischen Grenze getestet worden. In den beiden nächsten Phasen sollen binnen vier Tagen, jeweils samstags und sonntags, alle über zehn Jahre alten Einwohner im Rest des Landes einem Antigen-Schnelltest unterzogen werden.

In Italien hat der von der Regierung beschlossene „Mini-Lockdown“ mit Sperrstunde um 18.00 Uhr und geschlossenen Einkaufszentren am Wochenende auch die Gewohnheiten der Italiener geändert. So versammelten sich beispielsweise am Montagabend Gruppen in Lokalen in Mailand, Turin und Rom, um bereits um 17.00 Uhr einen Aperitif zu genießen und somit ihre Solidarität mit den Lokalinhabern auszudrücken. Da die Einkaufszentren am Wochenende schließen, befürchten die Behörden einen stärkeren Kundenandrang an Wochentagen.

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