EU: Große Mengen Impfstoff im besten Fall ab April
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen rechnet frühestens in einem halben Jahr mit größeren Mengen Impfstoff gegen das Coronavirus. „Im besten Fall“ könnten „im April“ eine größere Zahl von Impfdosen ausgeliefert werden, sagte sie am Mittwoch. Die Lage sei „sehr ernst“, Europa befinde sich „tief in der zweiten Welle“ der Pandemie, fügte sie hinzu. Die Bürger müssten sich deshalb dieses Jahr auf „ein anderes Weihnachten“ einstellen.
Von der Leyen appellierte vor Beratungen der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag an die Mitgliedstaaten, im Kampf gegen die Pandemie enger zusammenzuarbeiten. „Kein Mitgliedstaat wird sicher aus dieser Pandemie kommen, wenn es nicht alle tun“, sagte sie.
Ein Impfstoff sei kein „wundersames Ereignis“, das die Lage „von einem Tag auf den anderen“ verändere, mahnte von der Leyen. Sie verwies zudem darauf, dass der Erfolg der Entwicklungsprogramme für Impfstoffe ungewiss sei. „Wir wissen natürlich, dass nicht jeder Kandidat ein Erfolg sein wird“, sagte sie. Deshalb habe die EU-Kommission im Auftrag der Mitgliedstaaten Vereinbarungen mit einer Reihe möglicher Anbieter geschlossen.
Unklar sei aber auch bei erfolgreichen Impfstoffen, wie hoch die Immunität sein werde, die sie lieferten, sagte die Kommissionschefin. Diese werde nicht bei hundert Prozent liegen. „Es könnten 70 Prozent sein, vielleicht sogar weniger.“ Dies sei durchaus normal bei einer ersten Generation von Impfstoffen.
Im besten Fall könnten für das Gesamtjahr 2021 rund 1,2 Milliarden Impfdosen zur Verfügung stehen, sagte von der Leyen. Diese würden für etwa 700 Millionen Menschen reichen. Damit könne die EU nicht nur die eigene Bevölkerung vor dem Virus schützen, sondern auch ihr Versprechen einlösen, armen Ländern ebenfalls Impfstoff bereitzustellen.
In der Zwischenzeit setzt die Kommission weiter auf eine frühzeitige Erkennung von Infektionen. Brüssel forderte die Mitgliedstaaten auf, grenzüberschreitend nutzbare Corona-Warnapps einzuführen. Eine entsprechende Plattform wird bisher erst von drei Ländern genutzt: Deutschland, Irland und Italien.
Angesichts der in vielen Ländern knapp werdenden Kapazitäten auf Intensivstationen warb von der Leyen für einen besseren Informationsaustausch über freie Betten, um die schnelle Verlegung von Patienten in Nachbarländer zu ermöglichen. Sie schlug vor, diese Informationen über die EU-Seuchenbekämpfungsbehörde ECDC zu teilen.
Darüber hinaus will die Kommission die Mitgliedstaaten mit 100 Millionen Euro bei der Anschaffung von Schnelltests unterstützen. Auf sie setzen auch Teile der Wirtschaft große Hoffnungen, den mit ihnen könnten im Idealfall Einschränkungen etwa im Reiseverkehr oder bei Veranstaltungen vermieden werden.
Bei Corona-Tests wird bisher das sogenannte PCR-Verfahren angewandt. Seine Ergebnisse müssen im Labor ausgewertet werden. Angesichts rasant steigender Infektionszahlen kommen diese aber in vielen Ländern an ihre Kapazitätsgrenzen - und die Testergebnisse oft erst nach Tagen. Sogenannte Antigen-Schnelltests bringen Ergebnisse dagegen schon in zehn bis 30 Minuten, allerdings sind sie weniger genau.
EU-Ratspräsident Charles Michel hatte am Dienstag vor einem „Wettlauf“ der Mitgliedstaaten um die nun auf den Markt kommenden Corona-Schnelltests gewarnt. Er forderte, dass Produktionskapazitäten „auf europäischer Ebene strategisch gesichert werden“, damit sie „überall gleichzeitig verfügbar“ seien.