Österreich macht wieder dicht

Der November wird heuer in Österreich wohl trostlos wie selten. Angesichts rasant steigender Corona-Infektionszahlen plant die Regierung ab kommender Woche drastische Maßnahmen. Ein - der APA vorliegender - Entwurf für die entsprechende Verordnung enthält unter anderem Ausgangsbeschränkungen von 20 bis 6 Uhr sowie die Schließung von Lokalen. Veranstaltungen werden untersagt. Die Öffentlichkeit soll am Samstag informiert werden.

Der mit Donnerstag 23.00 Uhr datierte Verordnungsentwurf sieht strenge Maßnahmen vor. Darunter Ausgangsbeschränkungen von 20 bis 6 Uhr, die Ausnahmen sind allerdings recht umfangreich und umschließen auch Aufenthalt im Freien zur körperlichen und psychischen Erholung. Von der Schließung von Lokalen gibt es nur Ausnahmen für Take-Away, und auch das ist nur bis 20.00 Uhr erlaubt. Hotelrestaurants dürfen bis 20.00 Uhr offen haben, aber die Beherbung von Touristen wird untersagt.

Auch Veranstaltungen werden laut Verordnungsentwurf untersagt. Bäder, Freizeitparks, Tanzschulen und Indoor-Spielplätze und vieles mehr müssen schließen. Ausgenommen wären laut Entwurf Museen, Zoos, Bibliotheken und Parks. Sport ist zwar noch möglich, aber nur wenn man sich körperlich nicht zu nahe kommt - also Joggen Ja, Fußballspielen nein. Einzig Profisportler können ihrer Tätigkeit mehr oder weniger uneingeschränkt nachgehen, wobei bei Sportveranstaltungen kein Publikum mehr erlaubt ist. Für Besuche in Spitälern oder Pflegeheimen braucht es einen Test an Ort und Stelle oder eine effektive Schutzmaske.

Der Handel entkommt diesmal im Gegensatz zum ersten Lockdown einer Schließung, doch kehren die Personenbegrenzungen zurück. Pro Kunde müssen zehn Quadratmeter zur Verfügung stehen. Ist das Geschäft kleiner, darf nur eine Person eingelassen werden. Am Ort der beruflichen Tätigkeit ist zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, „sofern nicht durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann“. Nach Informationen der APA dürfen auch Friseure offenhalten, ebenso wie Kosmetiksalons, Pediküre und ähnliches.

Am Samstag soll das Maßnahmenpaket dem Bundespräsidenten, den Landeshauptleuten und der Opposition erzählt, ehe auch die Öffentlichkeit davon erfährt. Am Freitag gab es zunächst eine Besprechung mit den Sozialpartnern. Diese forderten nach der Besprechung von der Regierung Begleitmaßnahmen für den bevorstehenden zweiten „Lockdown“ gefordert. Arbeiterkammerpräsidentin Renate Anderl (SPÖ) erklärte nach dem gut einstündigen Gespräch ihre Bereitschaft, Maßnahmen mitzutragen. Gleichzeitig pochte sie darauf, dass die Schulen offen halten und Arbeitnehmer Sonderbetreuungszeit erhalten. Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) fordert diesmal raschere Entschädigung für Unternehmer.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian (SPÖ) sagte nach dem Treffen, dass man von der Regierung noch keinen konkreten Maßnahmenkatalog vorgelegt bekommen habe. Den zu diesem Zeitpunkt bereits zirkulierenden Verordnungs-Entwurf habe er noch nicht gesehen, sagte Katzian. Er deponierte aber, wie auch Anderl, die Forderung der Arbeitnehmervertreter nach einem Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit für Eltern.

Wann es mit den Einschränkungen los geht, ist noch unklar. Da einzelne Punkte wie die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen die Zustimmung des Hauptausschuss brauchen, könnte es sein, dass die Maßnahmen erst Mitte der Woche, vermutlich Mittwoch, und nicht schon Montag in Kraft treten. Unbedingt warten muss die Regierung nicht, denn den parlamentarischen Segen kann sich die Koalition auch rückwirkend holen.

Setzen wird man dabei wohl vor allem auf die eigenen Stimmen. Die SPÖ forderte für ihr Ja am Freitag nämlich eine Arbeitsplatz-Garantie. Auch verlangte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner rasche Entschädigungen für betroffene Unternehmen. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl unterstützt wie erwartet die Regierungsmaßnahmen auf gar keinen Fall. Die FPÖ werde keinen Beitrag dazu leisten, „Österreich noch tiefer in das schwarz-grüne Loch einer grundfalschen Corona-Strategie zu manövrieren“.

Nach der heftig umstrittenen Demo am vergangenen Montag in der Wiener Innenstadt haben Kritiker der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie für Samstag zu weiteren Kundgebungen aufgerufen. Laut Polizei wird die größte Veranstaltung eine Standkundgebung am Heldenplatz sein. Am Maria-Theresien-Platz gibt es eine Straßenparty als Gegenveranstaltung.

Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne) richtete hingegen am Freitag neuerlich einen Appell an die Bevölkerung: „Verringern Sie bitte ab sofort Ihre Kontakte! Ein Drittel weniger Kontakte halbiert das Infektionsrisiko.“ Und genau das bräuchten wir jetzt dringend angesichts rasch steigender Infektionszahlen.

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