Georgier wählen ein neues Parlament
Vor dem Hintergrund steigender Corona-Zahlen sind am heutigen Samstag mehr als 3,5 Millionen Menschen in Georgien zur Wahl eines neuen Parlaments aufgerufen. 48 Parteien und 2 Wahlblöcke kämpfen um die 150 Sitze in der Volksvertretung in der Hauptstadt Tiflis. In den Umfragen liegt die Regierungspartei Georgischer Traum vorn, die bereits bei den Abstimmungen in den Jahren 2012 und 2016 gesiegt hatte, gefolgt von der oppositionellen Vereinten Nationalen Bewegung.
Mit ersten Ergebnissen wird in der Nacht auf Sonntag gerechnet. Georgien strebt einen Beitritt zur EU und NATO an. In der früheren Sowjetrepublik im Südkaukasus steigt seit Anfang September die Anzahl der Corona-Neuinfektionen deutlich. Im Frühjahr war die Ex-Sowjetrepublik vergleichsweise glimpflich durch die Pandemie gekommen. Der offiziellen Statistik zufolge haben sich seit dem Frühjahr mehr als 37.000 Menschen infiziert. Die Regierung beschloss angesichts der Lage etwa, dass Schüler zu Hause lernen und Bars und Restaurants schon um 22.00 Uhr schließen müssen, was für Unmut bei vielen Menschen sorgt. Zudem steckt die stark vom Tourismus abhängige Wirtschaft wegen der Pandemie in einer Krise.
Abgestimmt wird diesmal nach einem neuen Wahlsystem, das bei massiven Protesten gefordert worden war. 120 Abgeordnete sollen demnach per Verhältniswahlrecht gewählt werden, deutlich mehr als bisher. Der Rest wird weiterhin in den jeweiligen Wahlkreisen nach dem Prinzip der Mehrheitswahl bestimmt. Sollte die erforderliche Mehrheit hierbei nicht erreicht werden, gibt es eine zweite Runde.
Nach Angaben der Zentralen Wahlkommission werden 48 internationale Organisationen die Wahl beobachten, darunter die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Sie teilte im Voraus mit, die von drei auf ein Prozent abgesenkte Hürde für einen Einzug ins Parlament habe zu einem höheren Wettbewerb geführt.
Die Regierungspartei Georgischer Traum des Multimilliardärs und Ex-Regierungschefs Bidsina Iwanischwili machte im Wahlkampf deutlich, dass es eine weitere Annäherung zur EU will. Das Verhältnis zu Russland gilt seit einem Krieg 2008 als zerrüttet. Beide Länder pflegen keine diplomatischen Beziehungen. Beobachter schlossen nicht aus, dass Anhänger des in seiner Heimat per Haftbefehl gesuchten ehemaligen georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili von der Vereinten Nationalen Bewegung nach der Wahl protestieren, sollte die Opposition erneut verlieren.