Viele Tote und Verletzte nach Erdbeben in der Ägäis
Bei einem schweren Erdbeben in der Ägäis sind am Freitag mindestens 25 Menschen ums Leben gekommen, mehr als 800 wurden verletzt. Das Beben erschütterte den Westen der Türkei und die griechische Insel Samos. Rettungskräfte und Helfer suchten auch am Abend noch in den Trümmern eingestürzter Häuser nach Überlebenden. Das Beben, das auch in Istanbul und Athen zu spüren war, löste nach Angaben der Behörden einen „Mini-Tsunami“ aus, der Überschwemmungen nach sich zog.
Die US-Erdbebenwarte USGS gab die Stärke des Bebens mit 7,0 an. Die Erschütterungen waren bis Istanbul und Athen zu spüren. Laut USGS lag das Zentrum des Bebens zwischen der griechischen Ägäis-Insel Samos und der türkischen Provinz Izmir. „Es fühlte sich an wie zehn Minuten, als würde es nie enden“, sagte Gökhan Kan über die Dauer des Erdbebens in Izmir. „Ich hatte in diesem Moment nicht um mich selbst Angst, sondern um meine Familie, meine Frau und meinen vierjährigen Sohn.“
Die türkischen Behörden meldeten insgesamt 20 Todesopfer und 800 Verletzte. Laut dem Bürgermeister von Izmir, Tunc Soyer, stürzten 20 Gebäude ein. Über der Stadt stieg eine Zeit lang dichter weißer Rauch auf. Im Sender TRT war zu sehen, wie Rettungskräfte, Polizisten und Einwohner versuchten, sich mit Hilfe von Kettensägen und per Hand Zugang zu möglichen Verschütteten in einem komplett zerstörten siebenstöckigen Wohngebäude zu verschaffen.
Andernorts brach Jubel aus, als die Retter eine Frau aus den Trümmern zogen. Nach Angaben des Gouverneurs der Region Izmir, Yavuz Kösger, konnten insgesamt 70 Verschüttete lebend gerettet werden.
Auf der griechischen Insel Samos wurden zwei Schüler im Alter von 15 und 17 Jahren von einer einstürzenden Mauer erschlagen, wie der Fernsehsender ERT berichtete. Mehrere Gebäude auf Samos wurden zerstört, mindestens vier Menschen wurden nach Behördenangaben verletzt. „Es herrschte Chaos“, sagte der Vize-Bürgermeister der Insel, Giorgos Dionysiou. „So etwas haben wir noch nie erlebt.“ Wie auf Samos trat auch in der dem Bebenzentrum am nächsten gelegenen türkischen Stadt Seferihisar das Meer über die Ufer und überflutete mehrere Straßen.
Der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis rief den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan an, um seine Trauer über die Opfer des Bebens zum Ausdruck zu bringen, wie er im Online-Dienst Twitter schrieb. „Ungeachtet unserer Differenzen müssen wir in diesen Zeiten zusammenstehen“, fügte er mit Blick auf die jüngsten Spannungen zwischen Athen und Ankara hinzu.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan antwortete auf Twitter: „Vielen Dank, Herr Premierminister. Dass sich zwei Nachbarn in schwierigen Zeiten solidarisch zeigen, ist wertvoller als viele Dinge im Leben.“ Die Außenminister beider Länder sagten sich zudem in einem Telefonat gegenseitige Hilfe zu, wie die türkische Regierung mitteilte.
Die Entdeckung reicher Gasvorkommen im östlichen Mittelmeer hatte zuletzt zu erheblichen Spannungen zwischen beiden Ländern geführt. Sowohl die EU-Mitglieder Griechenland und Zypern als auch die Türkei erheben Anspruch auf die betreffenden Seegebiete.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bekundete via Twitter ihre Anteilnahme. „Wir stehen bereit, um in jeder denkbaren Weise zu helfen“, erklärte sie.
Österreich könnte im Rahmen der europäischen Hilfe einen aktiven Anteil leisten. Der von der türkis-grünen Regierung im September verdoppelte Auslandskatastrophenfonds (AKF) sei für genau solche Fälle gerüstet, teilte Michel Reimon, Sprecher der Grünen für humanitäre Hilfe, am Freitag mit.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen betonte auf Twitter, dass nach dem schweren Erdbeben seine „Gedanken bei den Menschen in Griechenland und der Türkei, bei den Verletzten und den Familien der Opfer“ seien. Auch Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) erklärte, dass „unsere Gedanken bei jenen sind, die von dem schrecklichen Erdbeben in der Ägäis getroffen wurden.“ Dem Außenministerium lagen vorerst keine Informationen vor, dass Österreicher in Griechenland oder der Türkei von der Naturkatastrophe betroffen wären, hieß es auf APA-Nachfrage.
In der Türkei gibt es immer wieder schwere Erdbeben, da das Land auf mehreren seismischen Platten liegt. Im Jänner waren mehr als 40 Menschen nach einem Erdbeben der Stärke 6,7 in Elazig im Osten des Landes ums Leben gekommen. 2011 starben bei einem Beben der Stärke 7,1 in der Provinz Van mehr als 600 Menschen. Und 1999 kamen bei einem Beben der Stärke 7,4 mehr als 17.000 Menschen in Izmit, Istanbul und anderen Orten ums Leben.