Zweiter Lockdown bis Ende November in Österreich
Die Zuspitzung der Coronakrise bringt Österreich einen zweiten Lockdown. Veranstaltungen werden ab Dienstag mit Ausnahme des Profisports verboten. Auch Theater, Museen und Freizeiteinrichtungen wie Schwimmbäder oder Fitnessstudios müssen schließen. Die Gastronomie darf nur noch Abhol- und Lieferdienste anbieten, Hotels ist die Aufnahme von Touristen untersagt. Weiters kommt eine nächtliche Ausgangsbeschränkung, quasi ein „Besuchsverbot“.
Zwischen 20 und 6 Uhr soll man den eigenen Wohnbereich nur noch in Ausnahmefällen wie dem Weg zur Arbeit, dem Ausführen des Hundes oder zur sportlichen Betätigung verlassen. Die entsprechenden Verschärfungen verkündete Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in einer Pressekonferenz am Samstag.
„Die meisten Ansteckungen finden statt bei Menschen, die sich kennen, die sich mögen. Da rückt man enger zusammen. Das führt zu Ansteckungen“, hielt der Kanzler fest. Daher dürfen sich ab kommendem Dienstag vorerst nur mehr zwei Haushalte treffen. Garagen- und Gartenpartys sind auch verboten.
Nach 20.00 Uhr gilt - jedenfalls bis 12. November - de facto ein Besuchsverbot in den Wohnungen von Freunden und Bekannten. „Man darf den eigenen Haushalt nicht mehr verlassen, um andere Menschen zu besuchen“, betonte Kurz. Ausgenommen davon sind Paare, die nicht an der selben Adresse gemeldet sind.
Schulen und Kindergärten bleiben im Gegensatz zum ersten Lockdown im März offen. Kurz begründete dies mit dem entsprechenden Wunsch unter anderem von Eltern und Ländern. Allerdings geht die Oberstufe ins Distance Learning. Gleiches gilt für die Hochschulen.
Der Handel kann diesmal uneingeschränkt offen halten. Auch persönliche Dienstleistungen - etwa Friseure oder Kosmetikstudios - bleiben erlaubt. Allerdings ist jeweils nur ein Kunde auf zehn Quadratmetern gestattet. 80 Prozent der Umsatzeinbußen werden im Vergleich zum vergangenen November staatlich abgedeckt.
Dass es überhaupt zum zweiten Lockdown kommt, begründete Kurz mit dem „fast explosionsartigen Wachstum“ bei den Infektionszahlen: „Wenn wir jetzt nicht handeln, wird es zu einer Überlastung der Intensivkapazitäten auch in Österreich kommen.“
Alle Theater, Opern- und Konzerthäuser sowie auch Museen müssen bis zum 30. November schließen. Ausgenommen sind Proben und künstlerische Darbietungen ohne Publikum, die zu beruflichen Zwecken erfolgen. Das gab die Regierungsspitze am Samstag bekannt. 80 Prozent der Umsatzeinbußen im Vergleich zu November 2019 sollen auch im Kulturbereich ausgeschüttet werden.
Während der Spitzensport, wenn auch ohne Zuschauer, weiterlaufen darf, wird der Amateursport mit Inkrafttreten der neuen Pandemie-Verordnung stillstehen. Damit werden unter anderem die Fußball-Ligen von der Regionalliga abwärts gestoppt. Auch der Hallenbereich ist für alle Hobbysportler tabu, Freiluftsportstätten wie Golf- oder Tennisplätze dürfen jedoch offenbleiben. Erlaubt sind aber nur noch individuelle Sportaktivitäten, bei denen man nicht mit anderen in Kontakt kommt.
Die Freizeitsportler sind damit in einer ähnlichen Situation, in der sie ab 1. Mai waren, als verschiedene Sportstätten im Freien für den Breitensport wieder geöffnet wurden, darunter neben den oben erwähntem auch Leichtathletik-Anlagen sowie Pferdesport- und Schießanlagen. Davor hatte seit 16. März der Sport zur Eindämmung der Pandemie komplett geruht, Sportstätten waren geschlossen, der Vereinsbetrieb eingestellt.
„Nützen wir die Zeit, um in Bewegung zu bleiben. Das ist gut und gesund für Herz und Hirn“, sagte Vizekanzler und Sportminister Werner Kogler (Grüne). „Die Sportstätten im Freien sind für den Einzelsport weiter geöffnet“, versicherte er. Man kann also seine Golfrunde drehen, auf der Laufbahn Kilometer abspulen oder ein Einzelmatch im Tennis spielen. Das Kickerl mit Freunden ist indes untersagt.
Sportarten mit Körperkontakt, und dazu zählt eben auch der Fußball, sind also fortan untersagt. Will man sich fit halten, muss man sich eine Alternative suchen. Anders als im ersten Lockdown werden aber auch Parkanlagen offenhaben. Auch Laufen und Radfahren werden unter Beachtung der ohnehin geltenden Abstands- und Hygieneregeln möglich sein. Wer bereits neue Alpinski erstanden hat, muss hingegen auf den Dezember und eine Aufhebung der bis Ende November gültigen Maßnahmen hoffen. Denn Skifahren auf präparierten Pisten geht vorläufig nicht, da Seilbahnen und andere Aufstiegshilfen nur von Spitzensportlern benützt werden dürfen.
Besuche in Krankenhäusern, Kuranstalten und in Alters- und Pflegeheimen werden zum Schutz der Kranken, Senioren, Pflegebedürftigen und des Personals limitiert. Bis inklusive 17. November sind Besuche nur mehr alle zwei Tage erlaubt, wobei pro Tag maximal ein Besucher zugelassen wird. Insgesamt können in den kommenden zwei Wochen Patienten, Senioren bzw. Pflegebedürftige in Spitälern und Heimen maximal zwei verschiedene Besucher empfangen.
Die entsprechenden Maßnahmen verkündete Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne). Sämtliche Besucher müssen entweder ein negatives Testergebnis vorweisen oder adäquaten Atemschutz - eine FFP2-Maske - tragen. Der Mindestabstand ist einzuhalten. Ausgenommen davon ist die Palliativ - und Hospizbegleitung sowie die Seelsorge zu kritischen Lebensereignissen. Für externe, nicht medizinische Dienstleister gilt ein Betretungsverbot in Alten- und Pflegeheimen.
Mitarbeiter in den jeweiligen Einrichtungen müssen - abhängig von der Verfügbarkeit - jede Woche ein negatives PCR- oder Antigen-Testergebnis vorlegen. Alternativ kann durchgehend während der Berufsausübung eine FFP2-Maske getragen werden.
Es handle sich um „dramatische Eingriffe in unser gesellschaftliches Leben“, räumte Kurz ein. Der zweite Lockdown sei der Bundesregierung „nicht leicht gefallen“, er sei aber „notwendig“. Kurz verwies in diesem Zusammenhang auf die drohende Überlastung in den Spitälern, vor allem im intensivmedizinischen Bereich.
Sollte das Maßnahmenpaket wirken und die Bevölkerung mitmachen, geht Kurz davon aus, dass im Dezember „erste Öffnungsschritte“ gesetzt werden können, „um zu einem halbwegs normalen Leben zurückzukehren“. Bei einem „ähnlichen Erfolg, wie wir ihn im ersten Lockdown hatten“ könne man dann beispielsweise wieder an Skifahren - wenn auch mit Abstrichen - denken. Essenziell sei es, „dass wir mit dem Paket gut durch den November kommen“, um einen „deutlichen Abfall“ der Infektionszahlen zu erreichen, betonte der Kanzler. Mit einer Trendumkehr rechne er „frühestens in sieben bis 14 Tagen“.
Sollte dieses Ziel nicht erreicht werden, „sind wir mit einer schwierigen Situation konfrontiert“, räumte Kurz ein. Ein Nachschärfen der Maßnahmen, deren Wirksamkeit wöchentlich evaluiert werden soll, sei dann möglich. Dabei dürfte ein Schließen der Kindergärten und Pflichtschulen bzw. ein Umstellen auf Distance Learning angedacht sein. Diese bleiben „vorerst“ offen, betonte Kurz, wobei er dafür „den massiven Wunsch von Parlamentsparteien“ und verschiedenen Landeshautleuten ins Treffen führte.