Osttirol

Mit der Schwäche leben, die unheilbar bleibt: Osttiroler macht anderen Mut

Hörschwäche sieht man den Betroffenen nicht an, das führe zwangsläufig zu Konflikten, sagt Reinhold Pölsler.
© Blassnig Christoph

Reinhold Pölsler lebt seit zehn Jahren in Lienz. Der selbst von Hörschwäche Betroffene setzt sich für andere ein und macht Mut.

Von Christoph Blassnig

Lienz – Man sieht den Betroffenen nicht an, dass sie mit einer Einschränkung leben müssen: Hörschwäche bleibt einem verborgen, bis man darauf aufmerksam gemacht wird. „Dieses Leiden kann das soziale Leben stark beeinträchtigen, weil man die Umwelt schlechter wahrnimmt und sich dafür schämt“, erklärt Reinhold Pölsler. Der pensionierte ehemalige Mitarbeiter im Außenministerium in Wien hat sich vor zehn Jahren in Lienz niedergelassen. Seit dieser Zeit bietet Pölsler sein Fachwissen auch wöchentlich in einer Hörberatung im Bildungshaus Osttirol an – kostenlos. „Dabei ist jeder willkommen, Betroffene genauso wie Angehörige, die jemandem in ihrem Umfeld behilflich sein möchten.“ Seit seiner Kindheit ist der leidenschaftliche Chorsänger selbst von einer Hörschwäche betroffen. Außerdem leitet er die Arbeitsgruppe „Barrierefreie Kirchen“ der Diözese Innsbruck.

Die unsichtbare Einschränkung ist weit verbreitet. Statistisch ist in Österreich jeder Fünfte davon betroffen, ab einem Lebensalter von 60 Jahren bereits jede Dritte, ab 80 Jahren jeder Zweite. „1,7 Millionen Österreicher leiden unter einer Hörschwäche“, berichtet Pölsler. „Das ist deutlich mehr als noch vor zehn Jahren. Die Ursachen sind so eindeutig wie vielfältig und oftmals kommen mehrere Faktoren zusammen: Vererbung, Stress und Lärm zählen ebenso dazu wie Krankheiten und die Einnahme von Medikamenten. Dazu kommt, dass eine Hörschwäche zwar vom Arzt diagnostiziert, jedoch nur in wenigen Fällen behandelt werden kann. „Es gibt kein Medikament, keine Operation, die das rückgängig machen kann.“ Der Wunsch, dass der Hörgeräteakustiker dann etwas ins Ohr steckt und alles wieder funktioniert, bleibe ein Wunsch, die Enttäuschung sei verständlicherweise groß. „Hier setze ich an. Denn jeder hört anders und braucht eine individuell zeitlich angepasste Versorgung“, meint Pölsler, der „eine Brücke schaffen möchte zwischen einer diagnostizierten Hörschwäche und der Hörgeräteversorgung“.

Wie wichtig gutes Hören in allen Belangen des Lebens ist, realisiere man erst, wenn es zu spät sei. „Das ist eine schleichende Veränderung“, sagt Pölsler. Dank dem rechtzeitigen Einsatz von Hörhilfen, Hörtrainings und hörtaktischen Maßnahmen könne man den Prozess verlangsamen und Folgebeschwerden unterbinden, wie etwa Abweisung, Besorgtheit, Frustration, Ärgernis und Unzufriedenheit. „Häufig leidet das Selbstbewusstsein. Berufliche wie private Konflikte sind nahezu unausweichlich. Dabei ist man damit nicht allein.“

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Catharina Oblasser

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