Suche nach Verschütteten nach Erdbeben in Ägäis

Nach dem Erdbeben in der Ägäis mit zahlreichen Toten suchen Helfer in der türkischen Metropole Izmir weiter nach Überlebenden. Nach offiziellen Angaben stieg die Zahl der Todesopfer auf 58. Zugleich verbrachten Menschen, die nicht in ihre beschädigten Häuser zurückkehren konnten, die zweite Nacht in Folge in Notunterkünften. Auch auf der griechischen Insel Samos schliefen aus Angst vor Nachbeben viele Menschen erneut im Freien, in Autos und Zelten.

Die türkische Katastrophenschutzbehörde Afad meldete auch am Sonntag weitere kleinere Nachbeben. Nach 33 Stunden konnten die Helfer in Izmir einen 70-jährigen Mann aus den Trümmern ziehen, wie der Sender CNN Türk berichtete. Einsatzkräfte klatschten und jubelten, als er zum Krankenwagen getragen wurde. „Es ist ein Wunder“, sagte ein Rettungshelfer dem Sender. Er sei besonders glücklich, weil er Geburtstag habe, fügte er hinzu. Die Rettung des 70-Jährigen habe das gesamte Einsatzteam motiviert.

Die Helfer bargen aber auch weitere Leichen. Nach offiziellen Angaben forderte das Beben in der Türkei bisher 58 Todesopfer, Hunderte Menschen wurden verletzt, acht sind auf der Intensivstation. Zwei Jugendliche wurden auf der griechischen Insel Samos von einer Mauer erschlagen. Der 17-jährige Schüler und seine 15 Jahre alte Freundin waren auf dem Nachhauseweg von dem Beben überrascht worden, in einer engen Gasse brach eine Mauer über ihnen zusammen. Man habe sie eng umschlungen gefunden, berichtete das griechische Boulevard-Blatt „To Proto Thema“. Sonntagmittag seien sie beerdigt worden. Das Außenministerium in Wien hatte bisher keine Hinweise darauf, dass bei dem Beben Österreicher zu Schaden gekommen sind.

Das erste Beben Freitag um 14.51 Uhr Ortszeit (12.51 Uhr MEZ) hatte nach Angaben der türkischen Katastrophenbehörde eine Stärke von 6,6. Das Zentrum lag demnach in der Ägäis vor der türkischen Provinz Izmir. Die für Erdbeben zuständige US-Behörde USGS gab die Stärke des Bebens sogar mit 7 an. Sowohl auf Samos als auch an der türkischen Westküste trat bei einem Tsunami, den Experten als moderat einstuften, das Wasser über die Ufer.

Am stärksten war das Viertel Bayrakli der türkischen Millionenstadt Izmir betroffen. Mehrere Gebäude stürzten komplett ein. Hunderte Bauten wurden beschädigt, sagte Vize-Präsident Fuat Oktay am Sonntag. Zudem müssten 26 Gebäude eiligst abgerissen werden. Er warnte die Einwohner davor, in beschädigte Häuser zurückzukehren. Der Staatssender TRT zeigte ein mehrstöckiges Haus, das zur Seite gekippt war und mit Kränen abgestützt wurde. Die Bewohner wurden in Sicherheit gebracht. Feuerwehrleute retteten eine Katze, die in einer Wohnung zurückgeblieben war.

Oktay sagte weiter, Vereinsheime und Sporthallen stünden als Notunterkünfte zur Verfügung. Zudem seien 1.500 Zelte errichtet worden, mehr als 2.000 weitere sollen demnach folgen. Auch Container würden bereitgestellt. Der Bürgermeister von Izmir, Tunc Soyer, sagte, es würden Decken und Heizer ausgeteilt, weil in den nächsten Tagen kühlere Temperaturen erwartet werden. Schulen in Izmir wurden für eine Woche geschlossen.

Nach offiziellen Angaben suchten die Helfer auch am Sonntag an acht Gebäuden weiter nach Überlebenden. Immer wieder mahnten sie Einsatzkräfte zur Stille, um Stimmen hören zu können. Es spielten sich zahlreiche dramatische Szenen ab. In der Nacht zu Samstag wurde eine Frau nach fast zehn Stunden lebend aus den Trümmern eines siebenstöckigen Gebäudes gerettet, die zuvor mit Helfern telefonieren konnte. Nach rund 23 Stunden bargen die Helfer am Samstag eine Frau mit ihren drei Kindern lebend aus einem achtstöckigen Gebäude. Nach Angaben von Gesundheitsminister Fahrettin Koca starb ein Kind, ein siebenjähriger Bub, die anderen würden weiter behandelt.

Auf Video-Aufnahmen war zu sehen, wie Helfer eine Katze und später auch ein Kaninchen aus den Trümmern retteten. Trotz politischer Spannungen ließ das Beben die Nachbarn Türkei und Griechenland zunächst näher zusammenrücken. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hatten am Freitagabend auf Twitter ihre gegenseitige Solidarität ausgedrückt. Die Europäische Union und die Nato boten der Türkei und Griechenland Unterstützung an. Erdogan bedankte sich via Twitter für die weltweite Solidarität.

In der Türkei verlaufen mehrere Verwerfungslinien. Das Land wird immer wieder von schweren Erdbeben erschüttert. Erst im Jänner waren bei zwei Beben in den osttürkischen Städten Elazig und Malatya mehr als 40 Menschen getötet worden. Eines der tödlichsten war das Beben im Jahre 1999 in der Nähe der Metropole Istanbul. Damals kamen mehr als 17.000 Menschen ums Leben. Experten erwarten in Istanbul ein weiteres starkes Erdbeben.

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