Zehntausende bei neuen Protesten gegen Lukaschenko
Trotz neuer Gewaltdrohungen der Regierung haben in Weißrussland (Belarus) Zehntausende Menschen gegen den Langzeitpräsidenten Alexander Lukaschenko demonstriert. Das unabhängige Nachrichtenportal tut.by schrieb, dass es bei den Protesten am zwölften Sonntag in Folge brutale Festnahmen gegeben habe. Das Menschenrechtszentrum Wesna sprach am Abend zunächst von etwa 170 Festgenommenen. Darunter seien auch Journalisten gewesen.
Die Demonstranten zogen am Sonntag in großen Gruppen durch die Hauptstadt Minsk, wie Fotos und Videos im Nachrichtenkanal Telegram zeigten. Bereits kurz nach Beginn feuerten Sicherheitskräfte Warnschüsse ab. Es gab zudem Berichte und Videos, dass erneut Blend-und Lärmgranaten eingesetzt wurden. Auf den Straßen waren Uniformierte mit Sturmgewehren zu sehen. Unabhängige Zahlen für die Demonstration gibt es nicht. Es kamen allerdings deutlich weniger Demonstranten als vor einer Woche.
Seit der Präsidentenwahl am 9. August gibt es in Weißrussland regelmäßig Proteste. Das Land steckt in einer schweren innenpolitischen Krise. Lukaschenko hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen nach 26 Jahren an der Macht erneut zum Sieger erklären lassen. Die Opposition sieht dagegen die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja als wahre Gewinnerin an. Sie war ins EU-Exil Litauen geflohen.
Die 38-Jährige betonte abermals, es gehe darum, friedlich „gegen den Terror des Staates zu protestieren“. Auf Fotos aus Minsk war zu sehen, wie Sicherheitskräfte in Geländefahrzeugen mit einem Maschinengewehr auf dem Dach auf Straßen fuhren. Zu sehen waren auch viele Gefangenentransporter. Vielen Demonstranten gelang es, zu der Gedenkstätte Kuropaty zu gelangen, wo an die Opfer politischer Repression in der Sowjetunion erinnert wird.
Bereits am Samstag waren Hunderte Frauen durch Minsk gezogen. Sie verabreden sich traditionell an den Samstagen zum Protest. Nach Angaben von Wesna gab es dabei 40 Festnahmen. Seit Tagen kommt es im Land punktuell zu Streiks in Betrieben. Auch an Universitäten gab es viele Aktionen. Etliche Studenten wurden deswegen exmatrikuliert.
Indes hat Weißrussland seinem Grenzschutz zufolge am Sonntag die Grenzen für Ausländer geschlossen. Begründet wurde dies mit der Corona-Pandemie, die von der autoritären Führung in Minsk lange kleingeredet wurde. Eine Einreise ist demnach aber weiterhin über den Flughafen Minsk möglich. Das Nachbarland Litauen bezweifelte, dass die Pandemie der Hauptgrund für die Entscheidung war.