Regierung gedenkt der Progromnacht vor 82 Jahren
Am Montag jährt sich zum 82 Mal das Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung in Österreich und Deutschland in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938. Die Regierung, vertreten durch Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Ministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) gedachte gemeinsam mit dem Präsidenten der israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, dieser gewaltsamen Ereignisse mit einer Onlineveranstaltung im Bundeskanzleramt.
Die Pogromnacht „markierte eine folgenschwere Wende: aus den Worten wurden Taten, die sich gegen die jüdischen Mitmenschen richteten“, sagte Kurz. Aus diesen Taten wurde dann „das größte Menschenverbrechen“. Und das Gift des Antisemitismus sei noch immer nicht verschwunden. „Wir müssen darauf achten, nicht stetig neuen Antisemitismus zu importieren durch Menschen, die zu uns kommen“, warnte Kurz. Dafür sei in Österreich kein Platz. Nur wer die Würde jedes einzelnen Menschen achte, habe in unsere Gesellschaft Platz. „Gegenüber der Intoleranz darf es keine falsch verstandene Toleranz geben“, so der Kanzler.
Die Redner widmeten sich in ihren Ansprachen auch dem jüngsten Terroranschlag in Wien mit vier Toten und mehr als zwanzig Verletzten, der sich just vor der einzigen nach der Pogromnacht übrig gebliebenen Synagoge abspielte. Das ist nach Meinung von Kanzler Kurz „wahrscheinlich kein Zufall“.
Die Pogromnacht muss uns „immer eine Mahnung bleiben“, sagte Edtstadler. „Wir müssen auch acht Jahrzehnte nach dem Ende des dunkelsten Kapitels unseres Landes wachsam bleiben.“ Vizekanzler Kogler zeigte auf, welche Folgen die „zügellose Gewalt“ jener Nacht hatte: Von sechs großen Synagogen und an die Hundert Vereinen und Gebetshäusern sei eine einzige Synagoge übrig geblieben.
Jene Nacht vor 82 Jahren habe gezeigt, dass „dort, wo Hass ist, auch Lebensgefahr ist“, sagte Deutsch. „Wer Jude war, schwebte plötzlich in Lebensgefahr, weil er Jude war.“ Auch der jüngste Terroranschlag in Wien zeige, dass Hass Menschenleben in Gefahr bringe. Die jüdische Gemeinde bringe 20 Prozent ihres Budgets für die Sicherheit auf.
Mit dem heute präsentierten „Gesetz zur Absicherung des österreichisch-jüdischen Kulturerbes“, das diese Woche im Ministerrat beschlossen wird, wird die Gemeinde mit vier Mio. Euro jährlich unterstützt. Kanzler Kurz sei es „ein ehrliches Anliegen, Judentum als zentralen Bestandteil der österreichischen und europäischen Identität zu unterstützen“. Das Gesetz sei ein „historisches Projekt“. Deutsch bedankte sich bei Kurz für dessen ehrliches Einsetzen für die jüdische Gemeinde und verglich ihn in diesem Punkt mit Altkanzler Franz Vranitzky.
Untermauert wurde die Veranstaltung von Texten über die Pogromnacht und unter anderem von der Autorin Ruth Klüger, die von Dramaturg Hermann Beil vorgetragen wurden.
Auch die Opposition gedachte der Opfer des Novemberpogroms. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner unterstrich, dass das Gedenken an die Novemberpogrome für die Sozialdemokratie ein „dauerhafter Auftrag ist, Antisemitismus, Hass und Hetze mit allen Mitteln zu bekämpfen. ‚Niemals wieder!‘ heißt für uns, dass wir wachsam sein und konsequent gegen antisemitische und rassistische Tendenzen vorgehen müssen“, sagte Rendi-Wagner.
FPÖ-Obmann Norbert Hofer bezeichnete die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 als „schwärzesten Tag in Österreichs jüngerer Geschichte.“ Auf Anordnung des nationalsozialistischen Regimes seien vor 82 Jahren jüdische Mitbürger sowie deren Geschäfte, Betstuben und Synagogen attackiert und zerstört worden. Alleine in dieser Nacht fanden 400 Menschen den Tod. „Der heutige Tag steht im Zeichen von Gedenken und Erinnerung an die damaligen Vorgänge und ein Auftrag an alle Menschen in diesem Land dafür Sorge zu tragen, dass Antisemitismus in unserem Land keinen Platz haben darf“, sagte der Dritte Nationalratspräsident.
Und er erinnerte daran, dass erst vor wenigen Wochen Graz Schauplatz einer antisemitischen Attacke war. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Graz wurde attackiert, die Synagoge beschmiert und mit Steinen beworfen.