Vertrag zu Biontech-Coronaimpfstoff fertig ausgehandelt

Die EU-Kommission hat einen Vertrag zur Lieferung des vielversprechenden Impfstoffs der Pharmafirmen Biontech und Pfizer fertig ausgehandelt. „Die Verhandlungen mit der Pharmaindustrie sind abgeschlossen“, bestätigten Kommissionskreise am Dienstag in Brüssel. Alle 27 EU-Länder haben gleichzeitig Zugriff auf erste Lieferungen. Sie sollen nach Bevölkerungsstärke verteilt werden, was für Österreich etwa zwei Prozent der verfügbaren Dosen ausmachen würde.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) strebt eine Impfquote von mehr als 50 Prozent an, wenn es den Impfstoff gibt. „Wir schaffen daher im Rahmen des EU-Beschaffungsvorgangs gerade die Voraussetzung dafür und werden für acht Millionen Menschen eine ausreichende Menge an Impfstoff bereitstellen. Alle in Österreich lebenden Personen sollen sich auf freiwilliger Basis impfen lassen können“, meinte er.

Biontech und Pfizer hatten am Montag bekanntgegeben, dass ihr Impfstoff einen mehr als 90-prozentigen Schutz vor Covid-19 biete. Eine Zulassung zunächst in den USA soll frühestens kommende Woche beantragt werden.

Die EU-Kommission verhandelt seit Monaten mit den beiden Unternehmen. Nach Vorgesprächen hatte die Behörde schon im September erklärt, sie wolle bis zu 300 Millionen Impfstoffdosen der Hersteller beziehen. Ein Rahmenvertrag war aber noch nicht zustande gekommen - anders als bei drei anderen Impfstoffherstellern.

Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn erwartet einen zügigen Zulassungsprozess. So würden nicht wie üblich erst alle Daten gesammelt und dann nach Ende der Zulassungsstudie bei den Behörden eingereicht. Diesmal laufe das in direktem Austausch. Sowohl eine Zulassung in den USA als auch eine in Europa würden sehr zügig geschehen. Spahn versicherte: „Die Anforderungen, die wir stellen (...), sind nicht irgendwie abgesenkt oder geändert.“

Deutschland als attraktiver Pharmamarkt hätte wie andere große EU-Staaten mit den Unternehmen auch alleine einen Vertrag schließen können, sagte Spahn. Doch mit Frankreich, Italien und den Niederlanden habe man sehr stark dafür geworben, dass dies die Kommission für alle EU-Staaten macht. Denn sonst hätten kleinere Staaten das Nachsehen gehabt. „Das ist manchmal etwas mühsamer, aber am Ende, wenn wir zusammenstehen, sind wir zusammen stärker.“ Als deutscher Gesundheitsminister könnte er der Bevölkerung nicht erklären, wenn andere Länder einen in Deutschland entwickelten Impfstoff früher erhielten, betonte Spahn zugleich erneut.

CSU-Europapolitiker Manfred Weber sagte: „Die Verträge müssen fachlich, sachlich, rechtlich ordentlich abgeschlossen werden.“ Es habe am Schluss noch Diskussion darüber gegeben, dass Pfizer auch das Haftungsrecht Europas zu respektieren habe. Europa habe mit einer Stimme gesprochen, gegenüber dem US-Konzern Pfizer habe man so stärker auftreten können.

NGOs wie Amnesty International (ai) und World Vision mahnten unterdessen die Verfügbarkeit des Impfstoffes auch für Länder mit geringeren finanziellen Möglichkeiten ein. Tamaryn Nelson, Researcherin bei ai, sagte: „Es sind gute Neuigkeiten, dass sich der Impfstoff von Pfizer-BioNTech als wirksam gegen COVID-19 erweist. Es ist jedoch beunruhigend, dass Pfizer-BioNTech bereits mit reichen Ländern Verträge über mehr als eine Milliarde Dosen des Impfstoffs abgeschlossen hat, so dass weniger als ein Viertel seines prognostizierten Angebots für den Rest der Welt übrig bleibt.“ Die Gewinne der Pharmaunternehmen dürften nicht über die Gesundheit von Milliarden von Menschen gestellt werden.

„Pfizer-BioNTech muss dringend klären, wie der Zugang zu Impfstoffen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen maximiert werden kann, um Leben zu retten“, forderte Nelson. „Das Unternehmen sollte die Impfstofftechnologie auch über den Technologiezugangspool Covid-19 der WHO mit anderen Herstellern teilen, damit die Milliarden von Impfstoffen, die benötigt werden, so schnell und kostengünstig wie möglich hergestellt werden können.“

Auch World Vision forderte die gerechte Verteilung der Impfstoffe. Besonders gefährdete Menschen wie Bewohner von überfüllten Flüchtlingslagern und städtischen Elendsvierteln sollten zuerst geimpft werden, hieß es von der Hilfsorganisation.

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