Improvisieren ist gefragt: Herzog und die Jagd nach dem verlorenen Eis
Alle Weltcups in diesem Jahr sind abgesagt – Tirols Eisschnelllauf-Star Vanessa Herzog machte sich auf die Suche nach Training und Motivation.
Von Roman Stelzl
Inzell – Plan B? Das war einmal. „Wir sind mittlerweile bei Plan L oder M“, schmunzelt Thomas Herzog, Trainer und Ehemann der Tiroler Weltklasse-Eisschnellläuferin Vanessa Herzog, und erläutert: „Wir müssen jede Woche umplanen: Rennen, doch kein Rennen. Training, doch kein Training. Es ist permanentes Improvisieren und Balancieren. Da die Motivation hoch zu halten, ist extrem schwierig.“
Und Improvisieren ist und war bei der 25-jährigen Weltmeisterin auch gefragt: Schon im September war der internationale Kalender ins Wanken geraten, kurz danach wurden alle Eisschnelllauf-Weltcups in diesem Jahr abgesagt. Für Weltmeisterin Herzog begann danach die Suche nach Wettkämpfen. Stattdesen gab es neue Rückschläge: Erst wurde aufgrund eines Corona-Falls die Trainingsheimat, die Max-Aicher-Arena in Inzell, geschlossen, gleich darauf wurde ein Trainingskollege positiv getestet. Was nun? Kurzerhand stiegen die Herzogs in den Flieger, steuerten das einzige machbare Ziel zum Rad-Training an: Kreta.
Als die Innsbruckerin gestern im Auto von der Eishalle zum Appartement in Inzell sitzt, liegt beim Blick zurück schon mehr ein Lächeln auf ihren Lippen. Seit drei Wochen bereitet sich Herzog vor Ort auf dem Eis vor, bis Ende November will sich die siebenfache Weltcupsiegerin den Feinschliff für das so ferne Nahziel holen: die EM in Heerenveen (NED/16. und 17. Jänner). Trainiert wird dabei zumeist jedoch alleine.
Dabei ist es für Herzog ein Luxus, dass überhaupt gefahren wird, denn vor Kurzem wollte die Tirolerin noch fast alles hinschmeißen. „Als ich gehört habe, dass es so viele Corona-Fälle im Eisschnelllauf gibt, wollte ich schon gar nicht mehr eislaufen. Aber zum Glück hat mich Tom überzeugt“, meinte die Wahl-Kärntnerin, die im Vorjahr mit WM-Gold in der Tasche Österreichs Sportlerin des Jahres und bei der heurigen Wahl Dritte wurde.
Vom Körperlichen her passt alles – nur die Trainingspartner gehen ihr ab. Deshalb improvisierte Herzog kurzerhand und stellt sich nun dem Wettkampf mit den Männern, darunter oftmals Tirols Nachwuchs-Hoffnung Gabriel Odor. „Ich bin zuletzt gegen Frauen gefahren, da habe ich gemerkt, dass es besser ist, mit Männern zu trainieren, die meine Zeiten laufen“, ergänzte die Olympia-Teilnehmerin auf der Suche nach der Konkurrenz.
Es hilft, damit auch die Motivation hoch gehalten wird: Nach einer „extrem langen Vorbereitung“ sollen 2021 die ersehnten Erfolge eingefahren werden, denn die Zuversicht, dass alles gut wird, ist groß. Und dann soll auch mal wieder ein Plan A aufgehen.