Attentäter hatte Wohnung für Feuergefecht vorbereitet

Der 20-Jährige, der am 2. November in der Wiener Innenstadt bei einem Terror-Anschlag vier Menschen getötet hat, hatte seine Wohnung für ein Feuergefecht mit der Polizei vorbereitet. Wie am Mittwoch der APA bekannt wurde, waren in der Wohnung in der Wagramer Straße, die wenige Stunden nach dem Blutbad im Zuge einer Hausdurchsuchung aufgebrochen wurde, Möbel zusammengestellt und zu einer Deckung aufgebaut worden. Noch unklar ist, welchen Weg der Täter bei seinem Anschlag nahm.

Die Deckung könnte darauf hindeuten, dass der 20-Jährige entweder für den Fall gewappnet sein wollte, hätte die Polizei vor seinen mörderischen Absichten vor deren Umsetzung Kenntnis erlangt und ihn zu Hause aufgesucht. Oder er ging davon aus, dass er den Anschlag überleben würde, hatte vor, in seine Wohnung zurückzukehren und wollte Vorkehrungen treffen, sollte er dort mit einem Polizeieinsatz konfrontiert sein.

In der Wohnung des 20-Jährigen wurden auch Klebebänder sichergestellt, mit denen er eine Attrappe eines Sprengstoffgürtels hergestellt hatte, den er beim Anschlag im Herzen Wiens trug. Weiters wurden Schachteln mit der Munition gefunden, von der er bei dem Attentat Gebrauch machte.

Die als mögliche Mitwisser bzw. Mittäter festgenommen Bekannten bzw. Freunde des Attentäters bestreiten unterdessen die gegen sie gerichteten Vorwürfe. „Das ist völlig falsch. Es gibt bisher keine konkreten Hinweise, dass er in die Anschlagspläne oder Vorbereitungshandlungen eingeweiht gewesen wäre“, meinte der Wiener Rechtsanwalt Wolfgang Ebner, der einen der Verdächtigen vertritt. Insgesamt sitzen derzeit zehn als Radikalislamisten geltende Männer in U-Haft, gegen die wegen des Verdachts auf Beteiligung am mehrfachen Mord, terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation ermittelt wird.

Aus dem aktuellen Akteninhalt gehe auch nicht hervor, dass bei den mehrtägigen Treffen mit deutschen und Schweizer Islamisten in der Bundeshauptstadt Mitte Juli über einen Terror-Anschlag gesprochen oder gar ein solcher vorbereitet wurde, sagte Ebner im Gespräch mit der APA. Sein Mandant - ein 18-Jähriger, der mit dem Attentäter vor allem über Internet-Chats Kontakt hielt - sei „mehr oder weniger zufällig zu einem dieser Treffen dazugestoßen“. Man habe sich vor einem Fitness-Center getroffen, sei nachher etwas essen gegangen, „und weil Gebetszeit war, sind sie dann in eine Moschee gegangen“. Der spätere Attentäter sei bei diesem einen Treffen aber gar nicht dabei gewesen, betonte Ebner. Die Beweislage in Richtung einer seinem Mandanten unterstellten Beitragstäterschaft zu terroristischen Handlungen sei „insgesamt ausgesprochen dünn“, bekräftigte der Anwalt.

Unterdessen dürfte fest stehen, wer den Attentäter am 21. Juli auf der Fahrt in die Slowakei begleitet hat, wo dieser - wie die slowakischen Behörden dem heimischen Verfassungsschutz meldeten, ohne dass dies hierzulande unmittelbare Folgen gehabt hätte - Munition für ein Sturmgewehr kaufen wollte. Ein weiterer, ebenfalls seit dem vergangenen Wochenende in U-Haft befindlicher Verdächtiger - er ist 21 Jahre alt und hat Wurzeln im Kosovo - soll dies nach der APA vorliegenden Informationen mittlerweile zugegeben haben. Demnach begleitete der 21-Jährige den Attentäter auch in die Räumlichkeiten des Waffengeschäfts in Bratislava, behauptet aber, es habe dann einen Streit gegeben, weil er bis dahin nicht geahnt habe, dass sein Bekannter an Munition interessiert war. Die Verteidigerin des 21-Jährigen wollte zu dem Ganzen nicht Stellung beziehen. „Wir haben ausgemacht, dass wir uns den Medien gegenüber vorerst nicht äußern“, meinte sie gegenüber der APA.

Weiterhin unklar ist der Weg des Attentäters während seines Anschlags in der Innenstadt, bevor er selbst von der Polizei tödlich getroffen wurde. Unter anderem von der Beantwortung dieser Frage hängt es ab, ob der Attentäter einen Chauffeur hatte. Der Wiener Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl hatte am Dienstag davon gesprochen, dass es keine Hinweise auf einen Helfer gebe. Das war auch am Mittwoch laut Innenministerium Stand der Dinge.

„Wie der Täter in die Stadt gekommen ist, ist Gegenstand von Ermittlungen“, betonte Harald Sörös, Sprecher des Innenministeriums, auf APA-Anfrage. Weiterhin ausgeschlossen wurde, dass der 20-Jährige von seiner Wohnung in der Donaustadt aus die U-Bahn benützte. Auch andere öffentliche videoüberwachte Verkehrsmittel erscheinen den Ermittlern unwahrscheinlich. Damit kommen ein Beitragstäter, Taxis oder andere Chauffeurdienste in Frage, wenn man davon ausgeht, dass der Terrorist nicht zu Fuß ging oder mit dem Rad fuhr.

Keine neuen Erkenntnisse gab es auch zu diversen Videos, die möglicherweise mit dem Anschlag in Zusammenhang stehen. Unter anderem tauchte noch am Abend des Angriffs ein Clip auf, der einen Mann im Auto mit zwischen den Beinen eingeklemmtem Sturmgewehr - offensichtlich eine Kalaschnikow oder ein Nachbau - zeigt. Dieses werde - ebenso wie alle anderen Videos - nach wie vor überprüft, sagte Sörös. Es sei unklar, ob dieses Video überhaupt mit dem Anschlag in Zusammenhang stehe oder überhaupt in Wien bzw. Österreich aufgenommen wurde.

Auch zu einem Video des russischen TV-Senders RT, wonach die Tatortermittler eine Patronenhülse an einem der Schauplätze des Geschehens vergessen hätten, gab es noch keine Auskunft des Innenministeriums. Die Ermittlungen laufen, hieß es.