Zur Terrorbekämpfung in EU mehr Datenaustausch geplant
Nach den jüngsten islamistischen Anschlägen in Wien und Frankreich wollen die EU-Innenminister den Austausch über Daten von „Gefährdern“ verstärken. „Wir müssen bestehende Instrumente zum Datenaustausch voll ausnutzen“, erklärten die Innenminister nach einer Videokonferenz am Freitag. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) will „Terroristen im Internet die Plattform entziehen“.
Die Innenminister wollen außerdem die EU-Verordnung zur Vernetzung verschiedener EU-Datenbanken umsetzen, um Identitätsbetrug durch Terroristen rascher aufdecken zu können. Zu den „Gefährdern“ heißt es in der gemeinsamen Erklärung weiter: „Wir müssen sicherstellen, dass Informationen über diese Personen in die jeweiligen Datenbanken eingegeben werden, in Einklang mit der jeweiligen Gesetzgebung.“
Außerdem wollen die EU-Innenminister alles tun, um die terroristischen „Foreign Fighters“ aus Syrien oder dem Irak an der Einreise in den Schengenraum zu hindern, egal ob diese EU-Bürger seien oder nicht. Der EU-Außengrenzschutz soll durch „systematische Checks“ aller Personen verstärkt werden. In die Polizeifahndungsdatenbank, das Schengen Informationssystem (SIS) sollen verstärkt auch biometrische Daten eingespeist werden, heißt es in der Erklärung.
Nehammer (ÖVP) verwies auch auf die laufenden Verhandlungen auf europäischer Ebene für eine neue Verordnung zur Löschung von terroristischer Propaganda im Internet. „Aber es müssen auch die Internetprovider in die Pflicht genommen werden, genau ihre Inhalte zu überprüfen und sollten sie feststellen, dass es hier Inhalte sind, die den Terrorismus begünstigen, die verhetzen, dann müssen diese möglichst rasch gelöscht werden“, sagte der Innenminister.
Nehammer befürwortet eine Stärkung europäischer Agenturen wie Europol in der praktischen Zusammenarbeit von Polizei und Geheimdiensten, um effizienter gegen islamistische Terroristen und „Foreign Terrorist Fighters“ vorgehen zu können. Der Minister sprach sich außerdem für eine Stärkung der EU-Grenzschutzagentur Frontex aus, sowohl was das Mandat als auch was das Personal betrifft. „Wir müssen auch den Außengrenzschutz verstärken und Frontex noch stärker in die Verantwortung bringen. Es gilt alles zu tun um mit voller Härte gegen die islamistischen Terroristen und die Ideologie des politischen Islam vorzugehen und einen ordentlichen Schutz der EU-Außengrenzen sicherstellen“, sagte Nehammer.
Die EU-Innenminister sprachen sich außerdem dafür aus, einen Zugriff auf verschlüsselte Nachrichten zu erwägen, um digitale Beweise vor Gericht nutzbar zu machen. Der deutsche Innenminister Horst Seehofer befürwortet persönlich, dass verschlüsselte Messenger-Dienste im Kampf gegen Terrorismus von Geheimdiensten abgehört werden können. Außerdem sprach sich der amtierende EU-Ratsvorsitzende vor einer Videokonferenz der EU-Innenminister am Donnerstag für eine Ausweitung der Gewahrsam von islamistischen „Gefährdern“ in Deutschland aus.
„Ich persönlich bin dafür, dass wir alle nachrichtendienstlichen Möglichkeiten nutzen“, sagte Seehofer vor Journalisten. Er wisse auch um die datenschutzrechtlichen Bedenken, so der Innenminister weiter. Dies könne aber nicht heißen, dass man sich keine Gedanken mache, wie man „Gefährdern“ auf die Spur komme.
Zu den österreichischen Plänen für eine langfristige Sicherheitsverwahrung von Terroristen, sagte Seehofer, entsprechende Überlegungen zum Freiheitsentzug von „hochriskanten Gefährdern“ gebe es auch in seinem Ministerium. Dies gehe nur mit einem richterlichen Beschluss und „verfassungsrechtlich ein enger Grat“. Derartige Überlegungen müssten aber angestellt werden, weil in Deutschland mehr als die Hälfte aller „Gefährder“ eine deutsche Staatsangehörigkeit hätten, und das Problem durch Abschiebungen nicht lösbar sei. Er möchte sich öffentlich erst näher äußern, wenn ein gesetzgeberischer Umgang damit möglich sei.
Thema der EU-Innenministerkonferenz ist auch der Vorschlag der EU-Kommission zur Reform der EU-Migrations- und Asylpolitik. Man müsse nunmehr reden, wie es verfahrensmäßig weitergehe. Trotz Terminproblemen im Dezember will Seehofer so weit wie möglich vorankommen, um in dem Dossier eine politische Einigung zu erzielen. „Ich halte an dem Ziel fest.“ Er kündigte weitere Video-Besprechungen mit den Visegrad-Ländern und den südlichen EU-Staaten an.
Die Innenminister seien gefordert, „mit Nachdruck die nächsten Schritte im Kampf gegen die Ideologie des politischen Islam und den islamistischen Terror voranzutreiben“, forderte der ÖVP-Europaabgeordnete Lukas Mandl. Dieses Thema sei „untrennbar verbunden mit dem Außengrenzschutz, aber darüber hinaus eine Herausforderung auf breiter gesellschaftlicher Ebene. Der Hass des politischen Islam richtet sich gegen unser Lebensmodell, gegen die liberale Demokratie, gegen Juden, gegen die Gleichberechtigung von Mann und Frau, gegen Homosexuelle und viele andere Aspekte, die eine freie Gesellschaft ausmachen.“
Die SPÖ-EU-Abgeordnete Bettina Vollath verlangte, Europa dürfe sich „nicht immer weiter in völlig unrealistische Abschottungsfantasien verrennen. Wir brauchen stattdessen endlich eine gemeinsame europäische Asylpolitik basierend auf Solidarität und Verteilung sowie menschenwürdige Bedingungen bei der Unterbringung“. Schutz vor Verfolgung sei ein Menschenrecht, dieses muss durch die Reform des europäischen Asylsystems gestärkt statt ausgehöhlt werden. Die Bundesregierung lehnt eine Verteilung von Asylsuchenden in der EU ab.