Anschober: Erste positive Signale durch Corona-Maßnahmen

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat am Montag von „nach wie vor dramatisch hohen“ Corona-Neuinfektionszahlen gesprochen. Aber man sehe erste Ansätze, dass die Maßnahmen „schrittweise“ leicht zu wirken beginnen, so Anschober. Die Zahlen müssten aber „noch einen weiten Weg nach unten gehen“, entscheidend seien die kommenden zwei Wochen. Mit dem 7. Dezember, dem angepeilten Ende des harten Lockdowns, wird „nicht alles wie vorher sein“, sagte der Grünen-Politiker.

3.145 Neuinfektionen wurden in den vergangenen 24 Stunden eingemeldet. Dabei handelt es sich aber um Sonntagszahlen, die wie immer deutlich niedriger liegen, sagte Anschober. Im Schnitt gab es in den vergangenen sieben Tagen täglich 5.960 Neuinfektionen. Die Zahl der Toten stieg im Vergleich zum Sonntag um 71 auf mittlerweile 2.459, 944 davon starben in Alters- und Pflegeheimen. 2.748 Bewohner dieser Einrichtungen waren am Montag aktiv infiziert, sagte Anschober. Dazu kommen 1.914 aktive Fälle bei Mitarbeitern. „Die zweite Welle hat es in sich“, konstatierte der Gesundheitsminister.

Allerdings habe man es - anders als bei Naturkatastrophen - in der Hand gegenzusteuern. „Vermeiden Sie in dieser Phase alle Kontakte, die nicht notwendig sind“, appellierte Anschober. Welche Maßnahmen wirken, erläuterte Peter Klimek vom Complexity Science Hub Wien. Er stellte eine Studie vor - für die Zeit März bis April hatten sich die Wissenschafter Maßnahmen in mehreren Ländern angesehen.

Man habe im Frühjahr eine Datenbank erstellt, um die Maßnahmen verschiedener Staaten vergleichen zu können. Über 200 Länder sind darin vertreten. Dadurch könne man vergleichen, wann welches Land welche Schritte gesetzt habe. Die wirksamste Maßnahme waren Restriktionen von Zusammenkünften von Menschen, also zum Beispiel Treffen nur mehr mit weniger als 50 Personen, Homeoffice und Ähnliches. Man habe auch einen Effekt von Schließungen von Bildungseinrichtungen gesehen, sagte Klimek. Einschränkungen der Bewegungsfreiheit hätten ebenso Wirkung gezeigt. „Es gibt nicht die eine Maßnahme, mit der wir eine Epidemie unter Kontrolle bringen werden. Es braucht einen intelligenten Mix solcher Maßnahmen“, sagte der Wissenschafter.

Weniger effektiv waren beispielsweise Maßnahmen, die auf den öffentlichen Nahverkehr abzielen - in U-Bahnen hat man nicht so intensive soziale Kontakte - oder eine Desinfektion von Oberflächen. Gezeigt habe sich auch, dass nicht nur verpflichtende Maßnahmen, sondern auch Empfehlungen Wirkung zeigen, erläuterte der Experte. „Entscheidend ist, wann setzte ich was“, denn „je früher, desto gezielter, desto besser“, betonte Klimek. „Je frühzeitiger wir reagieren, desto softer kann das Maßnahmenbündel ausfallen“, riet er in Hinblick auf die Gefahr einer dritten Welle.

Jedenfalls benötige es gezielte Risikokommunikation, den Schutz vulnerabler Gruppen, ein stärkeres Gesundheitssystem und Bewegungseinschränkungen. Man müsse sich darauf einstellen, „wenn wir nicht alle sozialen Kontakte verbieten, immer ein Risiko haben, dass es lokal zu Ausbrüchen kommt“, sagte der Wissenschafter. Und er fügte hinzu, dass „mit jeder Lockerung das Risiko steigt, in die dritte Welle hineinzugehen“.

Um eine solche zu verhindern, dafür arbeite man an einem Schutzkonzept für die Zeit nach dem harten Lockdown, der bis 6. Dezember andauern wird, erläuterte Anschober. Dabei werde der Fokus auf den Schutz der Bevölkerung ab 65 Jahren sowie auf den verstärkten Einsatz der „Stopp Corona“-App sowie das Contact Tracing gelegt. Bei letzterem gehe es um Personalaufstockung sowie „ganz zentral um Digitalisierungsschritte“, sagte Anschober.

Das vorrangige Ziel sei, die Reproduktionszahl deutlich unter 0,9 zu bringen. Das bedeutet, dass ein Infizierter im Schnitt weniger als eine andere Person ansteckt. „Das hat die größte Folgewirkung“, sagte der Gesundheitsminister. Er betonte, dass sich die Wirksamkeit des nunmehrigen Lockdowns auch über rund zehn Tage nach dem 6. Dezember erstrecken werde. Bis zur Impfung werde es dann weitere Schutzmaßnahmen geben. „Ziel ist, mit einem geschützten, kontrollierten Öffnen ab dem 7. Dezember kontrolliert bis zur Impfung zu kommen“, sagte Anschober. Für den von „mir geschätzten Nikolaus“ erteilte Anschober „keine zu großen Hoffnungsperspektiven“. Nikolausbesuche werde es somit wohl keine geben. Zunächst müsse abgewartet werden, wie sich der harte Lockdown auswirkt, „spürbare Effekte“ erwartete sich Anschober gegen Ende dieser Woche.

Herwig Ostermann, Geschäftsführer der Gesundheit Österreich, prognostizierte für Mitte dieser Woche ungefähr 5.000 Neuinfektionen pro Tag. Bei den Hospitalisierungen werde es keine rasche Entspannung geben. Die aktuellen Belagszahlen in den Spitälern liegen unterhalb der derzeitigen Prognose. Erfreulich sei, dass die Zahl der Genesenen jene der Neuinfektionen vergangene Woche erstmals überschritten hat. Herausfordernd für die Prognosen sei die Verbreitung von Antigen-Schnelltests, da es bisher fast nur PCR-Tests gab. Nun müssten auch Antigentests in die Datenbasis eingespeist werden, sagte Ostermann.

Gesundheitsminister Anschober rechnet übrigens mit ersten Impfungen im Jänner. Doch dann werde es auch zunächst nur erste Teillieferungen geben. „Wir werden ein paar 100.000 Dosen im Verlauf des Jänner haben“, sagte Anschober. Die Impfung der Bevölkerung müsse jedenfalls gut vorbereitet werden, der Umsetzungsprozess werde mehrere Monate dauern.

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