Unzuständigkeitsurteil in Causa Kinderwunschklinik gefällt
Im Wiener Neustädter Prozess um den Tod einer 32-Jährigen infolge einer Behandlung in einer privaten Kinderwunschklinik in Baden ist am Mittwochnachmittag vom Einzelrichter ein Unzuständigkeitsurteil gefällt worden. Der Beschuldigte 64-jährige Anästhesist soll wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang vor einem Schöffengericht angeklagt werden. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
„Die Behauptung, dass sie nicht wussten, dass man ein angebrochenes Propofol-Fläschchen nicht verwenden darf, kann ich Ihnen nicht glauben“, sagte der Richter zum Mediziner. Der Vorsitzende sah die Anästhesie als solche nicht gerechtfertigt. „Sie haben wissentlich das Propofol verwendet, obwohl völlig klar war, dass Sie das nicht tun dürfen und in der Hoffnung gehandelt, dass nichts passiert.“ Es erfordere eine umfangreiche Aufklärung der Patienten im Fall der Verwendung von angebrochenem Propofol, die in den drei angeklagten Fällen nicht erfolgt sei. Die Handlungen hätten so zu vorsätzlichen Körperverletzungen geführt. Nur medizinisch indizierte und lege artis durchgeführte Handlungen würden diesen Tatbestand nicht erfüllen.
Der österreichische Staatsbürger soll am 3. Juni bei Follikel-Punktionen (Anstechen der Eibläschen zur Eizellenentnahme, Anm.) Fehler bei der Verabreichung des Mittels Propofol begangen haben. Wie der Staatsanwalt in seinem Eröffnungsvortrag erklärte, hatte der 64-Jährige am Tag davor ein Fläschchen mit dem Medikament benutzt. Anstatt es - wie üblich - danach zu entsorgen, transportierte der Beschuldigte das bereits geöffnete Gebinde mit nach Hause und lagerte es dort im Kühlschrank.
„Dieses Fläschchen hat er am 3. Juni wieder mitgenommen in die Babywunschklinik“, schilderte der Vertreter der Anklagebehörde. „Das war Zufall, Schicksal für mich. Das war blöd“, gab der Anästhesist zu Protokoll. In der Badener Einrichtung will der grundsätzlich in einem Wiener Spital tätige Mediziner Anfang Juni nur ausgeholfen haben. „War eine schlechte Idee für mich“, befand er trocken.
Inhaltsstoffe aus dem mit Darmkeimen kontaminierten Gebinde soll der 64-Jährige schließlich im Rahmen der Behandlung auf drei Frauen übertragen haben. Die 32-jährige Patientin starb zwei Tage später in einem Wiener Krankenhaus. Sie hatte laut Staatsanwaltschaft einen septischen Schock mit massiver Blutgerinnungsstörung erlitten, als Auslöser gilt eine Kontamination mit Keimen. Zwei weitere Frauen waren vorübergehend intensivmedizinisch betreut worden, befanden sich aber bald auf dem Weg der Genesung. In diesem Zusammenhang wird dem Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin fahrlässige schwere Körperverletzung vorgeworfen