Innsbrucks grüne Vizebürgermeisterin Schwarzl abgewählt

Nach nur einem Jahr im Amt ist Uschi Schwarzl (Grüne) ihr Vizebürgermeisterinnenamt bereits wieder los. Am Donnerstagabend wählte der Gemeinderat sie ab. Lediglich die Grünen, NEOS und die Alternative Liste Innsbruck (ALI) stimmten für einen Verbleib. Neben der übrigen Opposition waren auch die drei Koalitionspartner der Grünen - ÖVP, SPÖ und Für Innsbruck (FI) - gegen Schwarzl. Auslöser waren unterschiedliche Rechtsmeinungen zur Verordnung einer temporären Begegnungszone.

Die Verordnung - eine sogenannte Delegationsverordnung - wurde von Bürgermeister Georg Willi (Grüne) unterschrieben. Ein Rechtsgutachten vom Verfassungsrechtler Heinz Mayer argumentierte aber, dass der Gemeinderat für die Verordnung zuständig gewesen wäre. Ein Gutachten von Karl Weber von der Uni Innsbruck, das die Grünen in Auftrag gegeben hatten, war da anderer Auffassung, weil nicht Verkehrsstadträtin Schwarzl, sondern Willi unterschrieben hatte. Die Koalitionspartner und die Oppositionsparteien warfen Schwarzl vor, im Alleingang die temporäre Begegnungszone eingeführt zu haben, eine Deeskalation im Vorfeld sei gescheitert.

Schwarzl selbst meinte vor ihrer Abwahl, dass sie „erstaunt“ sei - nicht aber verletzt. Seit 30 Jahren sitze sie nun bereits im Gemeinderat, das stets ein Gremium mit „Niveau“ gewesen sei. In den vergangenen zwei Jahren habe sich dies geändert: „Absichtliche Verletzungen“ und „Diffamierungen“ würden nun passieren - dies habe bei einem Teil der Opposition die inhaltliche Arbeit abgelöst. Sie habe den Eindruck, dass die rechtliche Frage nur ein „Vorwand“ sei, immerhin gebe es zwei Rechtsmeinungen. Vielmehr würde sich die Angelegenheit um Mobilitätspolitik drehen.

Diese sei nämlich ein Spannungsfeld, „wo man es eigentlich niemanden recht machen kann“. Zudem denke sie, dass einige Vertreter der Koalition „das Mutige, das wir vereinbart haben, nicht mittragen wollen“. Nachdem ihr mangelnde Kommunikation vorgeworfen wurde, legte sie in Richtung Regierungspartner noch nach: „Kommunikation bedeutet auch, dass man ein Gegenüber hat“. Dieses Gegenüber habe sie selbst oft vermisst. Zu bedenken gab sie auch noch, dass sie selbst das Vizebürgermeisterinnenamt nicht wollte, sondern „weil die Koalitionspartner mich wollten“. Sie erinnerte daran, dass die vormalige Vizebürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer (FI) nach den Kostensteigerungen beim Bau der Patscherkofelbahn vor einem Jahr ebenso aus dem Amt gewählt wurde und sagte: „Der Umgang mit diesem Amt ist ein ziemlich fataler“.

Willi hatte bei der Debatte im Vorfeld noch versucht, die Koalitionspartner zu überzeugen, Schwarzl nicht abzuwählen. In Innsbruck hätten die Menschen aufgrund der Coronakrise die „größten Sorgen“, der Gemeinderat würde sich stattdessen mit einem Abwahlantrag wegen einer „angeblich unkorrekt verordneten temporären Begegnungszone für drei Wochen“ beschäftigen, kritisierte Willi. Vor allem in Anbetracht dessen, dass diese Begegnungszone im Anschluss vom Gemeinderat auch beschlossen wurde. „Ich halte es für unerträglich, dass eine Verordnung, die in meinem Namen verordnet wurde, auf dem Rücken der Uschi Schwarzl zu einem Abwahlantrag führt“, hielt er fest.

Für den SPÖ-Stadtparteivorsitzenden Benjamin Plach gehe es vor allem darum, dass der Gemeinderat nicht mit der Verordnung befasst wurde und „ohne Not“ im Alleingang auf den Weg gebracht wurde. „Ist es so, dass der Zweck in diesem Fall die Mittel heiligt?“, fragte er. Man habe in den vergangenen Tagen noch versucht, die Lage zu entschärfen und sich den nunmehrigen „Trubel sparen zu können“, wenn man im Vorfeld in eine Diskussion getreten wäre. Nun müsse man aber die Konsequenzen aus den Vorgängen ziehen, meinte er. „Die Rahmenbedingungen haben nichts anderes zugelassen“, sagte Plach.

Dieser Meinung schloss sich auch ÖVP-Klubobmann Christoph Appler an. Es gehe um die Frage des „Wie?“. Er finde es „wahnsinnig schade“, dass keine bessere Lösung gefunden wurde. FI-Klubobmann Lukas Krackl meinte ebenso, dass niemand eine Abwahl wolle. „Es will aber niemand, dass es so weitergeht. Es braucht Konsequenzen“, sagte er. Wenn man gemeinsam etwas erreichen wolle, müsse man auch auf Augenhöhe zusammenarbeiten und miteinander reden.

Auch FPÖ-Klubobmann Markus Lassenberger bemängelte etwa, dass der Gemeinderat nicht über das Vorhaben einer temporären Begegnungszone informiert worden war, „obwohl die Verordnung schon gestanden ist“. Entscheidend sei zudem, dass laut Mayer die herangezogene Delegationsverordnung nicht für die Einführung der Begegnungszone gültig sei. Für Gerald Depaoli (Gerechtes Innsbruck, GI) war deshalb klar, dass ein Rechtsbruch vorliegen würde. „Da geht es nicht um die Person Uschi Schwarzl“, meinte er kritisierte aber gleichzeitig eine „schlechte, intransparente Verkehrspolitik“ der grünen Politikerin. „Wir haben das Vertrauen in die Stadträtin verloren“, begründete Liste Fritz-Abgeordneter Thomas Mayer seine Entscheidung. Es gehe nicht um die Begegnungszone an sich, man müsse es aber richtig machen. „Ich bin dagegen, wenn man den Rechtsstaat nicht einhaltet“, sagte Mayer.

Nicht für den Abwahlantrag stimmen wollten die Alternative Liste Innsbruck (ALI) und NEOS. Mesut Onay (ALI) kritisierte, dass die Stadtregierung „zusätzlich zur Coronakrise eine Stadtkoalitionskrise“ verursache. Julia Seidl (NEOS) meinte, sie fühle sich nicht wie in einem Gemeinderat sondern wie in einem Gerichtssaal. Zudem fragte sie, was nach einer Abwahl - unter dem Lichte eines Koalitionsbruchs - passieren würde. Die Provokation einer Neuwahl können NEOS nicht unterstützen, hielt sie fest.

Nach der Abwahl Schwarzl nominierte der grüne Klub sie sogleich als nicht-amtsführende Stadträtin. Willi kündigte daraufhin an, dass er Schwarzl im Jänner-Gemeinderat wieder für das Umwelt-, Energie-, Mobilität- und Kulturressort vorschlagen will.