EU verlängert Wirtschaftssanktionen gegen Russland
Die Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland werden wegen des andauernden Ukraine-Konflikts um sechs Monate verlängert. Darauf einigten sich die EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstagabend in Brüssel, wie ein Sprecher von EU-Ratspräsident Charles Michel mitteilte. Die EU hatte die Handels- und Investitionsbeschränkungen trotz Milliardenverlusten für heimische Unternehmen zuletzt im Juni bis zum 31. Jänner 2021 verlängert. Sie gelten nun bis Ende Juli nächsten Jahres.
In dem Konflikt in der Ostukraine stehen sich seit 2014 Truppen der Regierung und von Russland unterstützte Separatisten gegenüber. Derzeit gilt ein neuer Waffenstillstand. Er wurde allerdings bereits mehrfach verletzt. Nach UN-Schätzungen wurden seit Ausbruch des Konflikts schon mehr als 13.000 Menschen getötet.
Nach der aktuellen EU-Beschlusslage kann Russland erst auf eine Aufhebung der Wirtschaftssanktionen hoffen, wenn die Vereinbarungen des sogenannten Minsker Friedensplans komplett erfüllt sind. Mit der Koppelung der Sanktionen an den Plan wollen die EU-Staaten den russischen Präsidenten Wladimir Putin dazu bewegen, seinen Einfluss auf die prorussischen Separatisten in der Ostukraine stärker für eine Beilegung des Konfliktes zu nutzen.
Experten gehen nach Angaben von Diplomaten davon aus, dass die Sanktionen Russland bereits einen sehr hohen Milliardenbetrag gekostet haben. Doch auch die europäische Konjunktur wird in Mitleidenschaft gezogen, da die Strafmaßnahmen den Handel vieler EU-Unternehmen mit Russland erschweren und Moskau im Gegenzug Einfuhrverbote für westliche Agrarprodukte wie Obst und Fleisch verhängt hat.
Eingeführt wurden die EU-Strafmaßnahmen nach dem Absturz eines malaysischen Flugzeugs mit 298 Menschen an Bord über der Ostukraine im Juli 2014. Es wurde Ermittlungen zufolge von prorussischen Separatisten abgeschossen.
Im Streit mit der Türkei über umstrittene Gaserkundungen im Mittelmeer will die EU hingegen offenbar vorerst auf härtere Wirtschaftssanktionen verzichten. Wie aus einem Papier für den EU-Gipfel am Donnerstag hervorgeht, sollen lediglich weitere Einzelpersonen auf einer Sanktionsliste landen, die an Planung und Ausführung der umstrittenen Gas-Erkundungen beteiligt sind.
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten die Türkei Mitte Oktober im Streit über Explorationen vor der Küste Zyperns und Griechenlands zum Einlenken aufgefordert und zugleich Sanktionen für Dezember nicht ausgeschlossen. Die Regierung in Ankara hatte damals kurz vor dem EU-Gipfel ein Gas-Explorationsschiff aus umstrittenen Seegebieten zurückbeordert und es nach einer erneuten Erkundungsreise erst vorige Woche wieder abgezogen. EU-Diplomaten bezeichneten die sich nun abzeichnenden Strafen gegen die Türkei als eher symbolisch.
Die Europäische Union verzichte auch aus Rücksicht der geschwächten Wirtschaft des Landes vorerst auf härtere Sanktionen. Allerdings könnte der EU-Gipfel den Boden für eine härtere Gangart gegenüber dem NATO-Partner im März ebnen. Zuvor will sich die EU allerdings mit der neuen US-Regierung des gewählten Präsidenten Joe Biden abstimmen, der sein Amt im Jänner antritt.