Telfer „Pandemiebudget“ fand im Gemeinderat klare Mehrheit
Trotz der massiven wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise investiere die Gemeinde in wichtige Zukunftsprojekte, betont BM Christian Härting. Von der Opposition kam teils harsche Kritik, vor allem an „Schnellschüssen“ beim Ausbau der Kinderbetreuung.
Von Michael Domanig
Telfs – „Es ist auch auf finanzieller Ebene ein harter Kampf gegen das Coronavirus“, meinte BM Christian Härting (Wir für Telfs, WFT) bei der Präsentation des Budgetvoranschlags für 2021, den der Telfer Gemeinderat am Donnerstagabend mit 16:5 Stimmen absegnete. Bei den Abgabenertragsanteilen (13,9 Mio. Euro statt der ursprünglich angesetzten 15,8 Mio. Euro) und der Kommunalsteuer (die unter 5 Mio. Euro sinkt) gebe es Mindereinnahmen von insgesamt rund 2,4 Mio. Euro. „Die massiven wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie werden uns sicher noch Jahre begleiten“, prophezeite Härting. Zugleich würden die Sozialabgaben ans Land weiter steigen (plus 284.000 Euro gegenüber dem Vorjahr).
Ein ausgeglichener Finanzierungshaushalt (Volumen: 44,7 Mio. Euro) sei daher nur durch viele Einsparungen bei einmaligen Ausgaben, die Sonderfinanzzuweisung des Landes (617.000 Euro), Rücklagen aus Grundverkäufen (500.000 Euro) und eine erneute Laufzeitverlängerung bei einem Fixzinsdarlehen (um weitere zwei Quartale) möglich gewesen, so der Bürgermeister. Wegen der anhaltenden Planungsunsicherheit habe man auch im Bereich Sport- und Veranstaltungszentren „sehr vorsichtig“ budgetiert, ebenso beim Telfer Bad (das seit November wieder geschlossen ist). Die „solide Budgetpolitik der letzten Jahre“ helfe, die Einbrüche „einigermaßen zu verkraften“.
Härting: „Investitionen in Zukunftsprojekte“
Trotz allem könne man aber wichtige Investitionen in Zukunftsprojekte tätigen, betonte Härting: Das betrifft, wie bereits berichtet, vor allem den Ausbau der Kinderbetreuung: Der Kindergarten Markt wird im Sommer 2021 erneuert und deutlich erweitert, 30 neue Kinderkrippenplätze entstehen. Die Gesamtkosten liegen bei ca. 4,5 Mio. Euro, wobei knapp 2,4 Mio. Euro an Förderungen von Land und Bund fließen. Den Rest finanziert die Gemeinde per Darlehensaufnahme. Zudem ist im Zuge eines Wohnbauprojekts der Firma GHS am „Köll-Areal“ im Ortsteil Lumma eine neue Kinderbetreuungseinrichtung mit zwei Kindergarten- oder Kinderkrippengruppen geplant (bis September 2022). Hier sind für Ankauf und Einrichtung der entsprechenden Räume durch die Marktgemeinde 1,05 Mio. Euro budgetiert (400.000 Euro kommen aus dem Kindergartenbaufonds des Landes). Der Grundsatzbeschluss für beide Projekte wurde in derselben Sitzung mit klarer Mehrheit gefasst. Rund eine Million Euro sind im Voranschlag z. B. auch für Straßenerrichtungen und -sanierungen budgetiert, gefördert mit 400.000 Euro Investitionszuschuss vom Bund.
Laut Härting steigen die Schulden im hoheitlichen Bereich zwar bis Ende 2021 um knapp 1,4 Mio. Euro (auf 29,4 Mio. Euro), der Gesamtschuldenstand werde – u. a. durch sinkende Leasingverpflichtungen sowie Tilgungen – weiter abgebaut und werde Ende 2021 unter 50 Mio. Euro liegen.
Für den Ansatz, die Wirtschaft mit Investitionen aktiv anzukurbeln, gab es im Gemeinderat viel Zustimmung: Härtings Fraktionskollege GR Simon Lung sah etwa ein „zukunftsweisendes Budget mit konsequenter Fortsetzung der Schuldentilgung“ und, abgesehen von einigen Indexanpassungen, „ohne Erhöhung von Gebühren“.
Auch Vize-BM Christoph Walch (Grüne) sprach sich klar für „keynesianische“ Wirtschaftspolitik aus: „Genau in Krisenzeiten sind Investitionen nötig“, sonst drohe „ein Kreislauf nach unten“. Besonders im Bereich Bildung/Kinderbetreuung schaue das Budget in die Zukunft, ohne dass dafür „Familiensilber“ in Form von Gebäuden oder Grundstücken „verscherbelt“ werde.
Opposition kritisiert Ausgabenpolitik massiv
Von Teilen der Opposition kam jedoch heftige Kritik: Der Grundsatz „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ gelte in Telfs offenbar nicht, ätzte Gemeindevorständin Angelika Mader (ÖVP). „Warum muss man gerade jetzt einen Kindergarten um 4,5 Mio. Euro bauen?“. Mader verwies auch auf hohe Abgangsdeckungen für das Telfer Bad oder die – heuer bereits fertiggestellte – neue Begegnungszone im Ortszentrum um 2,7 Mio. Euro, deren „Sinnhaftigkeit zu hinterfragen“ sei.
GR Norbert Tanzer (Positive Zukunft Telfs, PZT) ortete ein „Ausgabenproblem“: Rund 10,6 Mio. Euro an investiven Ausgaben seien für 2021 vorgesehen, das sei mehr, als für das Jahr 2020 geplant waren, obwohl ein „katastrophales Wirtschaftsjahr“ hinter der Gemeinde liege. Tanzer fordert auch einen Kassasturz beim Telfer Bad und den Gemeindewerken. „Der Gipfel“ aus Tanzers Sicht: Während ein Antrag seiner Liste auf eine Ausfallhilfe für Betriebe im Ortszentrum heuer abgelehnt worden sei, würden 2021 nun mehrere hunderttausend Euro im Bereich Marketing und Events ausgegeben.
Kontroverse Debatte über Kindergarten-Projekte
Nach der Budgetdebatte sorgte auch der Grundsatzbeschluss für die beiden bereits erwähnten Kindergarten-Projekte für hitzige Kontroversen. BM Härting verdeutlichte den Handlungsbedarf: In allen 18 öffentlichen Telfer Kindergartengruppen gebe es aktuell eine Überschreitung der Gruppenzahlen um zwei Kinder (22 statt 20). Und schon seit 2015 sei klar, dass der Kindergarten Markt dringend sanierungsbedürftig sei. Zudem seien auch Kinderkrippenplätze stark nachgefragt: „Eltern nehmen Betreuungsangebote immer früher wahr“.
Durch die nun geplante Neuerrichtung des gesamten Nord-Süd-Traktes in Holzfertigteilbauweise sei es möglich, den Kindergarten Markt (Baujahr 1949/50) auf den neuesten Stand zu bringen, ohne dafür 140 Kinder aussiedeln zu müssen – der Neubau soll über den Sommer 2021 in elf bis zwölf Wochen umgesetzt werden.
Eine Variantenprüfung gemeinsam mit dem Büro „Architekturhalle“ habe gezeigt, dass eine Sanierung nicht ausreiche, führte Bauamtsleiter Andreas Kluibenschedl aus. Durch die Erneuerung und Nachverdichtung des Nord-Süd-Traktes gelinge es, die dortige Nutzfläche von 600 auf 1400 m² zu steigern – bei gleichem Bodenverbrauch. Dazu werde eine Pellets- statt der Ölheizung eingebaut, ebenso ein Lift für Barrierefreiheit. Das südliche Hauptgebäude bleibt bestehen.
Rechne man die aktuelle Überziehung der Gruppen um 36 Kinder sowie die Warteliste ein, bestehe in Telfs aktuell ein Bedarf an rund 70 Kinderbetreuungsplätzen, stellte Bildungsreferent Klaus Schuchter (WFT) klar. Angesichts der Grundsatzbeschlüsse sprach er von einem „guten Tag für die Telfer Kinder“. Über 2022 hinaus werde es aber noch weitere (kleinere) Standorte brauchen.
Opposition: Millionenprojekte „hingeknallt“
Von der Opposition kamen wiederum harte Worte: Dass der Ausbau der Kinderbetreuung nötig sei, bestritt niemand. GV Mader kritisierte aber, dass der Grundsatzbeschluss für den Kindergarten Markt „ohne vorherige Bedarfserhebung“ getroffen werde – und „ohne Alternativen in Betracht zu ziehen“. Sie und ihr ÖVP-Kollege GR Manfred Lerch könnten sich stattdessen etwa Vorhaben auf einem Grundstück in der Kirchstraße oder am Standort des Polytechnikums vorstellen. Lerch warf Härting vor, im Hinblick aufs Wahljahr 2022 „Schnellschussprojekte“ zu starten.
Ohne den Gemeinderat im Vorfeld „einzuweihen“, bekomme man jetzt kurzfristig zwei insgesamt 5,5 Mio. Euro schwere Projekte „hingeknallt“, kritisierte auch GR Tanzer. Dieses Geld solle man „für ein besseres Projekt einsetzen“.
GR Herbert Klieber (Bürgerliste Telfs, BLT) sah sich beim Grundsatzbeschluss für die Kindergärten ebenfalls „vor vollendete Tatsachen gestellt“. Er forderte, dass in der Telfer Südtiroler Siedlung – die von der Neuen Heimat Tirol etappenweise neu errichtet wird – schon jetzt eine Kinderbetreuungseinrichtung eingeplant werden solle. Härting erklärte, genau das werde ohnehin „eines der nächsten Themen sein“.