„Du bist dran“: Mieze Medusa veröffentlicht neues Buch

Den richtigen Platz im Leben finden, das ist mit 18 ebenso eine Herausforderung wie mit 69. In dieser Altersspanne bewegen sich die drei Protagonistinnen von Mieze Medusas neuem Roman „Du bist dran“: eine unsichere Jugendliche ohne Schulabschluss, ein schnell atemloser Hacker mit Hang zum Online-Stalking sowie eine aufbrausende Alt-68erin. Die Suche nach dem eigenen Rhythmus lässt sie im ländlichen Nirgendwo ihre Wege kreuzen.

Agnesa hat es satt: Im griechischen Lokal ihrer Mutter in Ottakring fühlt sie sich ebenso übersehen wie in der beengten Wohnung der Patchwork-Familie, selbst wenn sie da wie dort Hand anlegt und vieles am Laufen hält. Aber Anerkennung dafür? Fehlanzeige. „Ich habe mich so gesehnt nach etwas, das Mamas Stahlbetonhaut durchdringt. Aber wer weiß schon, wie das funktioniert mit dem Einreißen von Mauern.“ Die Lösung: Raus aufs Land zu einem kleinen Hof, wo der erste Job ein bisschen Freiheit verspricht.

Genau dort, in der niederösterreichischen Provinz, fristet auch Felicitas ihr Dasein. Wobei sie das Leben mit ihrem Partner Hermann durchaus genießt, wären da nicht zig Kleinigkeiten in der Dorfgemeinschaft, die die streitbare Frau auch kurz vor ihrem 70. Geburtstag stören. Aber man kann ja nicht immer die sein, die den Finger in die Wunde legt, oder? Und dann kocht auch noch die schwierige Beziehung zu ihrer am anderen Ende der Welt lebenden Tochter Lea („Jetzt, wo das Reden nichts mehr kostet, fällt erst auf, wie wenig wir uns zu sagen haben.“) wieder hoch.

Komplettiert wird das ungleiche Außenseitergespann von Eduard, Hermanns in Wien lebendem Sohn, der als IT-Berater sein Geld verdient. Er achtet - ganz gängigen Klischees folgend - bis ins kleinste Detail auf seine Privatsphäre, hat kein Handy, dafür Festnetzanschluss, fährt lieber mit alten Straßenbahnen als mit der U-Bahn und tut sich schwer mit zwischenmenschlichen Kontakten. Stattdessen durchstöbert er ungefragt fremde Laptops und schaltet sich via Webcam ins Leben von Freunden und Bekannten ein. Was auf Dauer natürlich nicht gut gehen kann.

Verschiedene Schicksalschläge später stehen sich Agnesa, Felicitas und Eduard gegenüber. Wobei es weniger dieses Aufeinandertreffen als der Weg dorthin ist, der für alle drei Veränderungen nach sich zieht. Somit entstehen drei sehr liebevoll gezeichnete Porträts, die Rapperin, Poetry Slammerin und Autorin Mieze Medusa (eigentlich Doris Mitterbacher) zu einem großen Ganzen verwebt, das sich maßgeblich aus alltäglichen Kleinigkeiten speist. Was bei allen Unterschieden jedenfalls klar ist: Alleine gehen die Dinge nur selten leichter von der Hand. Gleichzeitig gelingt Medusa ein Kommentar zum Zustand unserer Gesellschaft, in der Technologieabhängigkeit und Traditionen aufeinanderprallen, ohne dass ihre Beobachtungen mit erhobenem Zeigefinger daherkommen.

Und apropos Rhythmus: Der ist natürlich stilistisch die prägende Komponente, wenn Medusa ihre meist knapp gehaltenen Sätze behutsam aneinanderreiht und mit klug verteilten Pointen Schwerpunkte setzt, während die Kapitelüberschriften an Slogans, Songtitel oder gewitzte Tweets erinnern. Aber erst die konsequente Zusammenführung all dieser Komponenten macht aus „Du bist dran“ eine runde Sache. Hier stimmt der literarische Groove.

; Online-Buchpräsentation am 18. Februar, Alte Schmiede Wien, am 19. Februar, Literaturhaus Salzburg)

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