Georgien sieht „Reintegration“ von Migranten als Priorität

Georgien hat angesichts des österreichischen Abschiebungsstreits seinen Willen zur Aufnahme zurückgeschobener Bürger unterstrichen. „Reintegration“ sei eine „Priorität der georgischen Regierung“, teilte der Leiter der Flüchtlingsabteilung im Sozialministerium, Dawit Kaikazischwili, der APA auf Anfrage mit. So gebe es in den Schulen etwa Bildungsprogramme, „die für Nicht-Georgischsprechende maßgeschneidert sind“, sagte er in Anspielung auf die Wiener Gymnasiastin Tina.

„Die Reintegration von zurückgewiesenen Migranten ist eine der Prioritäten der georgischen Regierung, zumal es sich um eine wesentliche Richtlinie des EU-Assoziierungsvertrags mit Georgien sowie der staatlichen Migrationsstrategie handelt“, betonte Kaikazischwili in der Stellungnahme.

Die APA hatte der georgischen Behörde für Migration eine schriftliche Anfrage mit der Bitte um Informationen über die Unterstützungsmaßnahmen für zurückgekehrte Migranten geschickt. Die Frage, ob Rückführungen von im Gastland geborenen Minderjährigen öfters vorkommen, blieb unbeantwortet.

Kaikazischwili verwies in seiner Antwort auf das im Jahr 2015 beschlossene staatliche Programm zur Unterstützung von zurückkehrenden Migranten, in dem es „um Einkommensschaffung, medizinische Versorgung (einschließlich psychologischer Unterstützung), vorübergehende Unterkunft und Entwicklung beruflicher Fähigkeiten“ gehe.

„Was die Sprache betrifft, so gibt es im georgischen Bildungssystem auch Sekundarschulen mit besonderen Bildungsprogrammen, die für Nicht-Georgischsprechende maßgeschneidert sind“, führte der Beamte weiter aus. Zudem lasse man den Rückkehrer „alle Vorteile des allgemeinen Gesundheitssystems zukommen“. Sie seien wie alle georgischen Bürger auch zur Inanspruchnahme von Sozialhilfe berechtigt, wenn sie diese benötigen.

Das Schicksal der zwölfjährigen Tina und ihrer fünfjährigen Schwester sorgt seit Tagen für heftige politische und gesellschaftliche Diskussionen in Österreich. Das ÖVP-geführte Innenministerium verteidigt die am Freitag erfolgte Abschiebung als rechtlich alternativlos, da es eine letztinstanzliche Entscheidung in dieser Frage gegeben habe. Die mitregierenden Grünen sowie die Oppositionsparteien SPÖ und NEOS ziehen diese Argumentation in Zweifel und sehen das Kindeswohl ungenügend berücksichtigt. Der Anwalt der Familie, Wilfried Embacher, nannte Nehammer einen „Rechtsbrecher“ und warf den Behörden vor, Anträge der beiden Schwestern auf humanitäres Bleiberecht im Mai 2020 absichtlich liegen gelassen zu haben.

Georgien zählt zu den Herkunftsländern mit den niedrigsten Asylanerkennungsquoten in der Europäischen Union. Österreich hat die Ex-Sowjetrepublik vor fünf Jahren zum sicheren Herkunftsland erklärt. Seit 2017 dürfen georgische Bürger ohne Visum in die EU reisen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass sich die georgische Regierung zur Aufnahme abgeschobener Georgier verpflichtet hat.

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