Platter gegen Isolation Tirols
Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hat am Donnerstag einer möglichen Isolation Tirols aufgrund der Ausbreitung der südafrikanischen Coronavirus-Variante eine Absage erteilt. „Das gibt die Datenlage nicht her“, sagte er im Landtag. Man müsse „natürlich immer auf der Hut sein“, gab er zu bedenken. Dennoch müsse darauf geachtet werden, „dass die Verhältnismäßigkeit gegeben ist“. Stattdessen setze man in Tirol verstärkt auf „Testen und Tracen“, erklärte der Landeschef.
Die südafrikanische Variante wurde bisher 75 Mal identifiziert - nur mehr fünf Betroffene galten hier noch als aktiv positiv. Die britische Mutation wurde in Tirol bisher bei 21 Personen festgestellt, wovon noch eine Person aktiv positiv sei. Es werde „täglich evaluiert“, welche Auffälligkeiten es gebe, sagte Platter. Immerhin könne man auf eine gute Datenlage zurückgreifen, nachdem seit Jänner - als die ersten Mutationsfälle in Jochberg aufgetaucht waren - alle PCR-Proben sequenziert werden. „Ich behaupte, wir sind das erste Bundesland, das mit diesen Sequenzierungen begonnen hat“, meinte er.
In den vergangenen drei Tagen habe man sich mit Experten beraten, wobei beschlossen wurde, dass statt der Isolierung Tirols die Kontaktnachverfolgung und das Testen intensiviert werden sollen, so Platter. Dies bedeutet Massentests „insbesondere im Bezirk Schwaz und Umgebung“. Pro Tag sollen 50.000 Tests in Tirol durchgeführt werden und 118 Teststraßen zur Verfügung stehen, untermauerte Platter die bereits am Mittwoch genannten Vorhaben.
In punkto Kontaktnachverfolgung werde das Personal aufgestockt und die Polizei eingebunden. Insgesamt sollen 600 Personen im Einsatz sein. „Außerdem testen wir alle K1-Personen ohne Symptome und alle K2-Personen mit einem PCR-Test, der dann sequenziert wird“, kündigte Platter an. Zudem wolle das Land bei den Sicherheits- und Hygienekonzepten in den Alters- und Pflegeheimen nachschärfen.
Bevor der Landeshauptmann eine Isolation Tirols ausgeschlossen hatte, hatte er sich am Rande der Landtagssitzung mit den Klubobleuten aller Parteien zu einer Besprechung getroffen. Laut Platter werde die nunmehrige Vorgangsweise von allen „durchaus akzeptiert“. Zur Corona- Gesamtsituation meinte er, dass sich Tirol mit einer Sieben-Tages-Inzidenz von 98,1 im Österreich-Schnitt „weiter unten“ bewege und es sich „in die richtige Richtung“ entwickle. Aber man sei „noch nicht da, wo wir hinwollen“.
Zu einer von der Virologin Dorothee von Laer geforderten Verlängerung des Lockdowns ging Platter im Landtag nicht ein. Im Vorfeld hatte er aber eine solche Maßnahme als aktuell nicht notwendig erachtet.
NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer meinte bei der Landtagssitzung, dass es nicht die Aufgabe der Politik sei, „die virologisch beste Entscheidung zu treffen“ - vielmehr müsse man auch auf „Kollateralschäden“ Rücksicht nehmen und die Gesamtsituation bewerten. „Das Wenigste das nützt ist Panik“, sprach er sich gegen eine Tiroler Quarantäne aus. Auch die FPÖ will keine Isolierung, da Tirol „im Kampf gegen die Pandemie besser dasteht als andere Bundesländer, wir haben eine Inzidenz unter 100“, sagte FPÖ-Obmann Markus Abwerzger in einer Aussendung. „Die Bundesregierung tut gut daran, die Finger von Tirol weg zu lassen“, legte er nach.
Georg Dornauer, Landesparteivorsitzender der SPÖ forderte von der Landesregierung ein besseres Krisenmanagement ein. Sie stehe in der Pflicht die Testkapazitäten zu erhöhen, das Contact-Tracing auszuweiten und die Sequenzierungen „endlich zu forcieren“. Es müsse alles getan werden, um einen längeren Lockdown oder „gar eine neuerliche, überstürzte Isolation Tirols zu verhindern“.
Klubobmann Gebi Mair (Grüne) meinte, man müsse davon ausgehen, dass die Zahlen in den nächsten Wochen wieder steigen. Er rät deshalb dazu „auf halbe Sicht zu fahren“ und „jederzeit bereit sein zu bremsen“. Die Klubobfrau der Liste Fritz, Andrea Haselwanter-Schneider, kritisierte: „Dass K1-Personen jetzt einem PCR-Test unterzogen werden sollen ist nicht neu“. Dass auch K2 Personen getestet werden sollen, begrüßte sie. „Hier können wir noch besser werden“.
Tirol war im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 abgeschottet gewesen. Mitte März wurden bis Anfang April alle Gemeinden unter Quarantäne gestellt und die Grenzen geschlossen. Diese Vollquarantäne bzw. die ausgerufene „Selbstisolation“ war in der damaligen Form jedoch rechtswidrig, hatte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) Mitte Jänner mitgeteilt.
Verordnungen, mit denen aufgrund des Epidemiegesetzes 1950 der Verkehr zwischen Gemeinden beschränkt wird (also die Zu- und Abfahrt), waren laut VfGH gesetzwidrig, weil sie zum Zeitpunkt des Erlassens der Verordnung nicht in die Zuständigkeit des Landeshauptmanns fielen, sondern in jene der Bezirksverwaltungsbehörde. Das Verlassen des eigenen Wohnsitzes war außerdem gesetzwidrig, weil es, als die Verordnung erging, weder durch die damalige Fassung des Covid-19-Maßnahmengesetzes noch durch die damalige Fassung des Epidemiegesetzes gedeckt waren. Prinzipiell sind solche Maßnahmen jedoch auch künftig möglich.