Absagenflut bei der Ski-WM: „Dürfen nicht in Jammerei versinken“
Das Chaos in Cortina ist perfekt: Vier Rennen und ein Abfahrts-Training wurden abgesagt bzw. verschoben, erst morgen startet die Ski-WM. Die zweite Woche ist dicht gefüllt, viele werden sich entscheiden müssen.
Aus Cortina: Roman Stelzl
Cortina d’Ampezzo –Erinnern Sie sich noch an die Maloja-Schlange? Genau, die aus St. Moritz, die den Schweizer Ort bei der WM 2017 schon so nebulös im Würgegriff hielt. Oder ans schwedische Aare vor zwei Jahren, wo nach Sonnenschein und minus 25 Grad zu Beginn das Thermometer um über 30 Grad nach oben schnellte und sich die dicken Wolken nicht mehr verzogen. So gesehen reiht sich Cortina d’Ampezzo in illustre Gesellschaft ein – nur ist das, was derzeit in den Dolomiten passiert, um einige Ecken gravierender.
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In dem Ski-Ort mussten die ersten vier Rennen sowie ein Training abgesagt werden. Nach der für heute erneut schlechten Wetterprognose beginnt die 46. WM morgen mit ganzen drei Tagen Verspätung. Das sucht seinesgleichen bei Weltmeisterschaften – und es ist gerade heuer besonders unerfreulich, weil mit 13 Entscheidungen so viele wie noch nie auf dem Programm stehen.
Daher wurde jetzt gequetscht und gedrückt, um doch noch ein halbwegs passendes Programm zusammenzustellen. Die zwei Super-Gs finden morgen statt, am Freitag folgen die Abfahrts-Trainings für die Rennen am Samstag (Damen) und Sonntag (Herren). Die für diese Woche geplanten Kombinationen werden nun in einem Aufwisch am Montag ausgetragen. Das bringt wiederum mit sich, dass sich die Mehrfach-Starter ihre Gedanken machen müssen, wie sie den dichten Kalender in Woche zwei bewältigen werden. „Es wird für gewisse Athleten ein Mammutprogramm. Die Einsatzfähigkeit von Leuten wie Marco Schwarz wird deshalb noch schwieriger“, erklärte ÖSV-Rennsportleiter Andreas Puelacher.
Dem Druck zum Trotz blieben FIS-Damen-Renndirektor Peter Gerdol und sein Team ihrem Motto auch gestern treu: Sichere und faire Rennen statt nur etwas durchzudrücken. Nach anderthalb Stunden Verzögerung hatte sich der Nebel immer mehr in der Olimpia delle Tofane festgesetzt und nur wenig Hoffnung auf einen Start gemacht. Die finale Entscheidung war damit schnell getroffen: kein Rennen, umplanen. „Es war alles bereit, aber der Nebel kam herein. Wir haben den Start dann nach unten verlegt, aber diese Entscheidung war nicht genug“, erklärte Gerdol. Eine frühere Startzeit (der schon am Vortag abgesagte Herren-Super-G wäre für 10.30 Uhr angesetzt gewesen) sei nicht möglich gewesen: „Die Rechteinhaber wollten eine Startzeit um 13 Uhr, weil es dort mehr Zuschauer gibt. Und bei der Wetterprognose war der Nebel kein Thema.“ Am Ende konnten aber auch mehr Zuschauer kein Rennen und im Endeffekt auch keine Strecke sehen.
Puelacher selbst verteidigt die Entscheidungen als sportlich fair. „Ich sehe es positiv, dass man auf gute Bedingungen wartet“, meinte der Tiroler, der nun seine Athleten bei Laune halten muss: „Wir dürfen nicht in Jammerei versinken, sondern müssen ein Alternativ-Programm entwickeln und für Freizeit-Aktivitäten sorgen.“ Komplexer wird die Situation mit der An- und Abreise der Athleten im Hotel, zumal ja eine weitestgehende Trennung von Technik- und Speed-Sektor angedacht war.
Sicher ist auch: Spielraum im Programm gibt es kaum noch. Wenn das Wetter nicht mitspielt, droht die erst zweite Absage eines WM-Einzelrennens nach Morioka 1993. Die Prognose sagt gutes Wetter voraus. Aber heißen tut das im Endeffekt noch nichts.
📆 Der aktuelle Rennkalender für die Ski-WM in Cortina: