EU fordert Ausnahmen von deutschem Einreiseverbot für Tirol

Angesichts neuer Einreisebeschränkungen aus Tirol und Tschechien hat die EU-Kommission Deutschland dazu aufgefordert, Ausnahmen etwa für Pendler zu gewähren. Ein Sprecher der Behörde erinnerte am Freitag daran, dass die EU-Staaten sich erst kürzlich auf gemeinsame Empfehlungen für das Reisen in Corona-Zeiten geeinigt hätten. Man erwarte, dass alle Länder danach handelten. Grenzschließungen und pauschale Reiseverbote sollten vermieden werden.

Man fordere Deutschland deshalb dazu auf, zumindest für unverzichtbare Reisen sowie für Grenzpendler Ausnahmen zuzulassen. Zugleich betonte der Sprecher, dass die Empfehlungen der EU-Staaten striktere Regeln für Gebiete zuließen, in denen Virus-Varianten besonders verbreitet sind. Die EU-Kommission habe die portugiesische Ratspräsidentschaft darum gebeten, dass die Koordinierung des Reiseverkehrs bei den nächsten Beratungen der EU-Europaminister am 23. Februar thematisiert werde.

Wegen der Ausbreitung von Corona-Mutanten führt die deutsche Regierung für Tirol, Tschechien und die Slowakei harte Beschränkungen für die Einreise nach Deutschland ein. Für diese „Virusvarianten-Gebiete“ gilt damit ein grundsätzliches Beförderungsverbot für Fluggesellschaften, Bahn-, Bus- und Schifffahrtsunternehmen. Einreisewillige müssen sich vorab auf das Coronavirus testen lassen. Zudem gilt eine Quarantänepflicht in Deutschland. Die Regierung berät nun über die Details.

Welche Ausnahmen für Einreisen aus den betroffenen Regionen gelten, werde derzeit noch zwischen den verschiedenen Ministerien abgestimmt, hieß es aus Regierungskreisen. Im Großen und Ganzen werde man sich wohl an den Regelungen orientieren, die es bereits für Einreisen aus anderen sogenannten Virusmutationsgebieten wie Portugal oder Großbritannien gibt, hieß es. Von dort dürfen im Prinzip nur noch Deutsche, Ausländer mit Wohnsitz in Deutschland sowie medizinisches Personal und - unter bestimmten Voraussetzungen - Transitpassagiere einreisen. Auch Lieferverkehr soll weiterhin erlaubt sein, womöglich aber verbunden mit der Verpflichtung für Lastwagenfahrer, einen negativen Coronatest vorzuweisen.

Nach Ansicht von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sind die Grenzkontrollen unverzichtbar. „Wir sind für ein freies Europa“, aber in der Pandemie müsse die Sicherheit oben stehen, sagte er am Freitag in seiner Regierungserklärung im bayerischen Landtag in München. Der Schutz der Grenzen und ein Einreiseverbot für Menschen ohne negativen Corona-Test sei eine ganz entscheidende Schutzmaßnahme. „Wir brauchen diese Sicherheit.“

Söder erklärte, dass nach jetzigem Stand die stationären Grenzkontrollen wohl ab der Nacht von Samstag auf Sonntag eingerichtet würden, „so ist derzeit die Planung“. Für die vielen Berufspendler über die Grenzen kündigte er eine „praxisnahe Lösungen“ an. „Einmal Ischgl reicht - lieber an dieser Stelle auf Nummer sicher gehen“, betonte Söder. Er spielte damit auf die Verbreitung des Virus in Deutschland im vergangenen Jahr durch Rückkehrer aus dem Skiurlaub in Österreich an.

Die Corona-Lage in Bayern habe sich, so Söder, dank der harten Maßnahmen in den vergangenen Wochen deutlich verbessert. Insgesamt seien seit Dezember die Todes- und Infektionszahlen im Land um 90 Prozent zurückgegangen. „Die Maßnahmen wirken, sie waren nicht umsonst“, sagte er. Auch die Dosis sei richtig gewesen. Mit einer Inzidenz von 62,5 Neuansteckungen pro 100.000 Einwohner in einer Woche liege Bayern im Bundesdurchschnitt. Sollte sich die Lage weiter so entwickeln, könne Ende Februar der Schwellenwert 50 erreicht werden. Ab einem Wert von 35 seien dann weitere Lockerungen für den Handel, Kultur und Sport machbar.

Der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, betonte unterdessen, dass sich die ansteckenderen Virusvarianten bereits in Deutschland ausbreiten. Es sei davon auszugehen, dass sie weiter zunehmen würden - so sei es auch in anderen Ländern gewesen.

Auch der Münchner Infektiologe Clemens Wendtner gab zu bedenken, dass schon jetzt in Bayern bei deutlich mehr als zehn Prozent der infizierten Menschen Mutanten festgestellt werden - mehr als doppelt so viel wie insgesamt in Deutschland. Er warnte vor allem vor einem Einschleppen der gefährlichen südafrikanischen Coronavirus-Variante aus Tirol. Das sei nur mit einem strikten Vorgehen an der Grenze zu verhindern, sagte der Chefarzt für Infektiologie an der München Klinik Schwabing. Wenn lückenlose Kontrollen nicht funktionierten, bleibe nur eine Schließung der Grenzen.

Der Tiroler Verkehrsverbund (VVT) reagierte bereits auf die anstehenden Reisebeschränkungen. Seit Freitag war der grenzüberschreitende Zug- und Busverkehr zwischen Deutschland und Tirol unterbrochen. Die Regiozüge verkehren nur bis Kufstein, der Meridian Richtung München wurde eingestellt. Am Seefelder Plateau enden die Züge in Scharnitz, für den Regiozug um 7.33 Uhr in Scharnitz in Richtung Innsbruck verkehrt ein Schienenersatzverkehr. Auch in Ehrwald wurde ein Schienenersatzverkehr zwischen Ehrwald und Vils eingerichtet, jener von Vils nach Pfronten wurde eingestellt. Zusätzlich verkehrt ab Samstag viermal pro Tag ein Schienenersatzverkehr von Reutte nach Imst.